© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/07 15. Juni 2007

BRIEF AUS BRÜSSEL
Der Damm bricht
Andreas Mölzer

Franco Frattini, der für Inneres und Justiz zuständige EU-Kommissar, hat sein Herz für Einwanderer entdeckt. Wenn es nach dem Italiener geht, sollen Asylbewerber und Flüchtlinge, die sich fünf Jahre in einem EU-Staat aufgehalten haben, ein Bleiberecht erhalten. Begründet wird dies mit der "Beseitigung von Diskriminierungen" und der "Verbesserung der Integration". Daß schrankenlose Massenzuwanderung und Asylmißbrauch schon längst begonnen haben, das ethnische Gefüge Europas nachhaltig zu verändern, spielt dagegen offenbar keine Rolle.

Eine Umsetzung der Pläne hätte einen Dammbruch zur Folge: 2006 suchten EU-weit rund 182.000 Personen um Asyl an - wie viele illegal in die EU einreisten, ist unbekannt, ihre Zahl dürfte in die Hunderttausende gehen. Sollten sie künftig nach fünf Jahren legalem Aufenthalt automatisch ein Bleiberecht erhalten, so bräuchten potentielle illegale Zuwanderer nur an den Grenzen der EU das Zauberwort "Asyl" aussprechen, und schon öffneten sich die Tore zum Sozialparadies. Das Erreichen der fünf Jahre wäre kein wirkliches Problem. Denn wie in Österreich bereits jetzt zu beobachten ist, gelingt es Scheinasylanten, deren Antrag mangels politischer Verfolgung nicht die geringsten Erfolgsaussichten hat, mit Hilfe gewiefter Anwälte und sogenannter Hilfsorganisationen mühelos, das Verfahren in die Länge zu ziehen.

Frattinis Vorschlag ist aber auch ein gutes Beispiel dafür, wie sehr angeblich konservative Politiker in vorauseilendem Gehorsam zu Erfüllungsgehilfen der Political Correctness werden. Denn immerhin ist Frattini Mitglied von Silvio Berlusconis Forza Italia, er war bis 2004 dessen Außenminister. Ein anderer "Konservativer" ist Bundespräsident Horst Köhler. Im Zuge der laufenden Debatte hat sich der CDU-Parteifreund von Kanzlerin Angela Merkel allen Ernstes für ein "weltoffeneres Asyl- und Aufenthaltsrecht" ausgesprochen.

Wenn Frattini bis 2010 eine EU-weite Vereinheitlichung des Asylrechts anstrebt, dann darf sich diese nicht an gutmenschlichen Leitlinien orientieren, sondern muß das Überleben der durch die Massenzuwanderung bedrohten historisch gewachsenen Völker Europas zum Ziel haben. Um zu verhindern, daß das Asylrecht zu einem Ersatz-Zuwanderungsrecht wird, wäre es an der Zeit, daß Asylanträge nur mehr außerhalb der EU, beispielsweise in den Botschaften und Konsulaten der Mitgliedstaaten, eingebracht werden dürfen.

Ebenso ist nicht einzusehen, warum Flüchtlinge ausgerechnet nach Europa kommen müssen, wenn es in der Nachbarschaft ihrer Heimat genügend sichere Länder gibt. Hier könnte Brüssel in Afrika, aber auch in Osteuropa, etwa in der Ukraine, Auffanglager einrichten. Auf diese Weise kann nicht nur verhindert werden, daß Flüchtlinge in der EU untertauchen, sondern auch die Rückführung in ihre Heimatstaaten wäre leichter durchführbar.

Sollte sich aber Frattini mit seinen Vorstellungen durchsetzen, so wäre nichts anderes als eine Einladung an die Dritte Welt, die Koffer zu packen und sich auf den Weg nach Europa zu machen. Und dann wäre es nur mehr eine Frage der Zeit, bis jenes Europa, dessen ethnische Vielfalt sich über Jahrhunderte entwickelt hat, durch eine amorphe Masse nach dem Vorbild des US-"Melting pot" ersetzt wird.

 

Andreas Mölzer ist Chefredakteur der Wiener Wochenzeitung "Zur Zeit" und seit 2004 FPÖ-Europaabgeordneter.


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