© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/07 15. Juni 2007

LOCKERUNGSÜBUNGEN
Erfolgsbilanz
Karl Heinzen

Bis zum G8-Gipfel von Heiligendamm dachten viele, daß sich Angela Merkel ein Vorbild an der "Eisernen Lady" Margaret Thatcher genommen haben könnte. Nun wissen wir, daß es doch eher Lady Di, die Königin der Herzen, ist, in deren Fußstapfen sie zu treten beabsichtigt. Wurde im Vorfeld der Zusammenkunft der Staats- und Regierungschefs noch voller Pessimismus orakelt, zwischen ihnen könnten sich schwere Spannungen entladen, so hat es die deutsche Kanzlerin binnen weniger Stunden mit Charme, Humor und Nonchalance verstanden, für eine lockere Atmosphäre zu sorgen und auf diese Weise Brücken zu bauen, die alle vorgeblichen Streithähne bereitwillig und erleichtert beschritten. Diese diplomatische Leistung ist ganz alleine ihr Verdienst, allenfalls das sonnige Wetter hat ihr dabei zur Seite gestanden.

Die Ergebnisse des Gipfeltreffens sind beeindruckend. Rußland und die USA haben erkannt, daß es zwischen ihnen eigentlich gar keine Interessengegensätze gibt und die in scharfen Worten geführten Auseinandersetzungen der jüngsten Zeit bloß auf Irrtümern beruhen. In Wahrheit treten beide Seiten nämlich gemeinsam für Frieden, Stabilität, Menschenrechte und Wohlstand ein. Über alle anderen Fragen wird man in Ruhe miteinander sprechen können.

Ferner dürfen alle aufatmen, die sich um das Wetter der Zukunft sorgen. Die Amerikaner haben anerkannt, daß der Mensch tatsächlich auch ein bißchen Mitverantwortung für den Klimawandel zu tragen scheint. Sie sind damit einverstanden, daß man die Erderwärmung bis zum Jahr 2050 auf zwei Grad begrenzen sollte und sehen, wie alle anderen Partnerstaaten auch, in den Vereinten Nationen den geeigneten Rahmen, um hier zügig und im globalen Konsens zu einer effizienten Lösung zu kommen. Diesen Bemühungen der Weltorganisation konnte und wollte man in Heiligendamm natürlich nicht vorgreifen. Doch schon im Herbst sollen die Umweltminister der G8-Staaten zusammenkommen, um weitere Überlegungen anzustellen. Daß die Gloablisierungskritiker dies als Erfolg, aber auch als Mahnung interpretieren dürfen, hat die Kanzlerin höchstselbst herausgestellt: "Wer friedlich demonstriert, dessen Anliegen werden gehört."

Noch viel wichtiger als das Klima der fernen Zukunft im meteorologischen Sinne ist jedoch jenes, das heute zwischen den führenden Politikern der wichtigsten Nationen herrscht. Solange es so offen und freundschaftlich wie in Heiligendamm ist und bleibt, muß uns nicht bange sein, daß die Globalisierung auch weiterhin ein menschliches Antlitz haben wird.


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