© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/07 15. Juni 2007

Janitscharenmusik
von Michael Paulwitz

Es gibt keinen Platz für die Türkei in Europa" - "Wie soll ich einem Schulkind erklären, daß Europa an Iran und Syrien grenzt": Das waren die "Bringer" im Wahlkampf-Durchmarsch des Nicolas Sarkozy. Der ehrgeizige Mann mit dem Macher-Image versteht es, mit schnellen, harten Griffen populistische Saiten anzuschlagen und zugespitzte Botschaften als Machtwerkzeuge zu nutzen. Alles nur Wahlkampfgetöse also? Darauf hofft die irritierte Führung in Ankara ebenso wie die europäische Türkei-Lobby.

Bis zur zweiten Runde der Parlamentswahl wird Sarkozy seinen Wahlkampfschlager auf jeden Fall weiterspielen. Die Bekräftigungen nach dem Einzug in den Elysée gehören noch zur Janitscharenmusik der Wahlschlacht. Freilich, Sarkozy wird nicht gleich beim nächsten EU-Gipfel die Veto-Notbremse ziehen. Sein Außenminister, der Ex-Sozialist Kouchner, gilt zudem als Beitritts-Befürworter. Doch Frankreichs starker Mann hat sich bereits auf weitere Schritte festgelegt.

Noch in diesem Jahr will Sarkozy seinen Plan einer "Mittelmeer-Union" als gesichtswahrenden Ausweg für beide Seiten konkretisieren. Ausdrücklich greift er dabei Angela Merkels "privilegierte Partnerschaft" auf. Sarkozy erklärt, er wolle den Türkei-Beitritt verhindern, ohne die EU zu spalten. Was daraus wird, hängt nicht zuletzt davon ab, ob auch die deutsche Kanzlerin bereit ist, früheren Wahlkampfworten Taten folgen zu lassen. Dazu gehört freilich mehr als Scheckbuchdiplomatie und geschmeidige Formelkompromisse.


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