© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/07 22. Juni 2007

Der Antitotalitarist
Der Historiker Klaus Hornung, Urgestein der konservativen Publizistik, begeht am 26. Juni seinen achtzigsten Geburtstag
Stefan Winckler

Der Jubilar ist fränkisch-sächsischer Herkunft, und zugleich fühlt er sich Preußens besten Köpfen verbunden. Doch geboren wurde Klaus Hornung am 26. Juni 1927 in Heilbronn als Sohn eines Oberstudiendirektors, und seit 1962 lebt er mit seiner Ehefrau im schwäbischen Reutlingen. Was kennzeichnet sein Denken, was macht ihn beispielhaft?

Das protestantisch-bildungsbürgerliche Elternhaus mag ihn davor bewahrt haben, sich von Hitlers totalitärem Zwang zur Vermassung auch innerlich gefangennehmen zu lassen. Doch Ende 1944 mußte er zur Wehrmacht einrücken, und den 18. Geburtstag erlebte er als Kriegsgefangener in einem amerikanischen Lager. 1946 begann er das Studium der Geschichte, Anglistik, Politikwissenschaft und Germanistik in Tübingen. Prägend waren für ihn die Begegnungen mit den Professoren Eduard Spranger, Theodor Eschenburg und vor allem Hans Rothfels, dem konservativen Königsberger jüdischer Herkunft, den er erst vor kurzem wiederholt in einem Aufsatz als bedeutenden patriotischen Historiker gewürdigt hat.

Schon mit 24 Jahren, im Jahr seines Staatsexamens, gelang es Klaus Hornung, in der renommierten evangelischen Monatszeitschrift Die neue Furche (später: Zeitwende) zu veröffentlichen. Sein frühester Aufsatz trägt den Titel "Geschichtsepochen sind Herausforderungen" und befaßt sich mit "Toynbees neuer Sinndeutung der Geschichte". Auch heute noch imponieren jene analytische Schärfe und stilistische Sicherheit, die an den etwa gleichaltrigen Joachim Fest erinnern. Zwei weitere Aufsätze folgten 1952.

Mitte der fünfziger Jahre promovierte Klaus Hornung über den Jungdeutschen Orden im Fach Geschichte. Ein bemerkenswertes Untersuchungsobjekt, das sich von einem fundamentaloppositionellen Verband zu einer auf Mitgestaltung und Verantwortung bedachten, wenn auch zahlenmäßig überschaubaren Partei wandelte. Und damit ist auch Klaus Hornungs Einstellung beschrieben: Es ist kein Entwurf einer konservativen reinen Lehre, die schneller an der Umsetzbarkeit scheitert, als sie entworfen wäre. Hornung ist vielmehr im völligen Bewußtsein der freiheitlich- konservativen Werte für einen realistischen, aber entschlossenen Weg des politischen Handelns. Ihm imponieren die preußischen Reformer (Biographie: "Scharnhorst", 1997), die in der schlimmsten Krise ihres Vaterlands Verantwortung trugen und Preußen entscheidend stärken halfen. Er zieht stets den konservativen Pragmatiker Bismarck den Brüdern Gerlach vor. So äußerte er sich auch mehr und mehr zu politischen Fragen in den Fachzeitschriften und trat 1962, eingedenk Adenauers "Kunst des Möglichen" in der Politik, in die CDU ein.

Kritik am politischen Messianismus

Im gleichen Jahr übernahm er, der sich zuvor als Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft "Der Bürger im Staat" in Tübingen der politischen Bildungsarbeit verschrieben hatte, eine Dozentur für Geschichte an der Pädagogischen Hochschule Reutlingen. Zeitlos aktuell wirkt der Titel seines Aufsatzes "Der Gefälligkeitsstaat in der Sackgasse" von 1962: Wenn die Regierung sich alleine auf konjunkturelle Erfolge und soziale Wohltaten verläßt, anstatt grundlegende Vorhaben anzupacken und langfristig sinnstiftend zu wirken, wird eine Oligarchie der Verbände und Gruppen das Vakuum füllen, und das zum Nachteil der Bürger.

"Politik und Zeitgeschichte in der Schule" war der Titel seiner Monographie von 1966, in der er - noch bevor eine "Außerparlamentarische Opposition" unter roten Fahnen den Widerspruch hin zum gewalttätigen Widerstand ausdehnte - feststellte: "Im Klima der wohltemperierten Wohlstandsgesellschaft der Bundesrepublik scheint die geistige und sittliche Festigung unseres Gemeinwesens nicht recht vorangekommen zu sein." 1967 zum Professor für Politikwissenschaft ernannt, habilitierte sich Hornung über das Thema "Staat und Armee. Studien zur Befehls und Kommandogewalt und zum politisch-militärischen Verhältnis in der Bundesrepublik Deutschland", und wirkte ab 1975 zusätzlich als Privatdozent für Politikwissenschaft an der Universität Freiburg.

Diese Jahre waren überschattet von linksextremistischen Unruhen auch an den Hochschulen im Südwesten. Hornung antwortete darauf mit seinem Buch "Der faszinierende Irrtum. Karl Marx und die Folgen", das in mehrere Sprache übersetzt wurde und ihm ein Einreiseverbot in die DDR einbrachte. Nach dem Abflauen des Marxismus warnt er nachdrücklich vor dem Totalitarismus, der sich einst gewaltsam, heute eher verdeckt und subtil, auszubreiten droht ("Das totalitäre Zeitalter", 1992). Kennzeichen, die den meisten Menschen im Massenzeitalter fremd bleiben, sind gewisse Sprachregelungen, eine Emotionalisierung auf niederem Niveau und der Verzicht auf abweichende Meinungen. Seine Kritik am politischen Messianismus hat ihn, angeregt von Tocqueville und Talmon, zu zahlreichen Beiträgen bewogen, nicht zuletzt in der JUNGEN FREIHEIT. Zuvor, in den achtziger Jahren, war ihm zusammen mit einer konservativen Kurskorrektur ("Mut zur Wende", 1985) die deutsche Einheit ein zentrales Anliegen. In Criticón, Der Staat und anderen Fachzeitschriften finden wir ihn als Autor, und auch FAZ, Welt und Die politische Meinung haben seine Texte gerne gedruckt.

Seit 1992 emeritiert, ist Klaus Hornung ein nicht wegzudenkender Bestandteil des Studienzentrums Weikersheim und der "Stimme der Mehrheit". Frei von Anmaßung, ist er gerade für die jüngere Generation ein wichtiger Ansprechpartner und erfreut sich großen Ansehens. Noch mit 74 Jahren übernahm der Träger des Bundesverdienstkreuzes die Präsidentschaft des Studienzentrums Weikersheim (bis 2003), und derzeit arbeitet er an einer Biographie über den General und späteren Reichsminister Wilhelm Groener.

Foto: Klaus Hornung: "Im Klima der wohltemperierten Wohlstandsgesellschaft der Bundesrepublik scheint die geistige und sittliche Festigung unseres Gemeinwesens nicht recht vorangekommen zu sein"


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