© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/07 06. Juli 2007

Freibrief
von Paul Rosen

Das Bundesverfassungsgericht hat sich wieder einmal staatstreu verhalten. Die Karlsruher Richter schmetterten eine Klage der Linkspartei gegen den Einsatz von Tornado-Aufklärungsflügen in Afghanistan ab. Der Vorteil für die Bundesregierung: Sie bleibt handlungsfähig. Das ist die eine Seite des Urteils. Die andere: Karlsruhe hat den Spielraum für Nato-Einsätze außerhalb Europas erheblich erweitert. In dem Urteil heißt es, daß der von der Nato geführte Isaf-Einsatz in Afghanistan der Sicherheit des euro-atlantischen Raumes diene. Daher würden Strukturentscheidungen des Nato-Vertrages nicht überschritten. Dagegen hatte die Linkspartei argumentiert, mit dem Einsatz werde gegen den Geist des Nato-Vertrages verstoßen, weil das Abkommen nur ein regionales Verteidigungsbündnis im euro-atlantischen Raum vorsehe.

Mit dem Karlsruher Urteil läßt sich jetzt vieles begründen. Praktisch jeder Nato-Einsatz auf unserem Planeten ist erlaubt, sobald es um die Verfolgung von Terroristen geht, die den euro-atlantischen Raum bedrohen könnten. Selbst in Afrika ließe sich einmarschieren, wenn es darum ginge, mit militärischen Maßnahmen den Flüchtlingsstrom nach Europa aufzuhalten. Denn bedroht eine Völkerwanderung nicht auch die Sicherheit des euro-atlantischen Raumes? Das Urteil ist eine Art Freibrief. Aber er befreit die Bundesregierung nicht von der Notwendigkeit, eine Exit-Strategie für Afghanistan zu entwickeln, wenn man nicht das gleiche Schicksal wie die Sowjets erleiden will.


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