© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/07 06. Juli 2007

Stefan Herre
Politisch inkorrekt
von Christian Dorn

Für helle Empörung sorgte jüngst die Kölner Stadtdezernentin Marlis Bredehorst (Grüne), die im aktuellen Streit um den Moscheebau in Köln-Ehrenfeld (JF berichtete mehrfach) den Holocaust unbedarft als einen deutschen "Ausrutscher" bezeichnet hatte. Vom Spiegel bis zum Kölner Stadtanzeiger stürzte sich alles auf die Politikerin, die auch postwendend die geforderte Entschuldigung lieferte. Bei ihrer Anklageerhebung hatten sich die Medien auf die Berichterstattung des Internet-Portals "Politically Incorrect" (PI) gestützt, eines der größten politischen Weblogs Deutschlands (siehe auch Seite 20), das täglich ein knappes Dutzend aktueller Meldungen vor allem zum Vormarsch des Islam in Europa veröffentlicht.

Proisraelisch, proamerikanisch - und vor allem islamkritisch, das ist das Credo von PI ( www.politicallyincorrect.de ). Betrieben wird das Portal von Stefan Herre, Diplom-Sportlehrer und freier Redakteur, der die Plattform 2004 aus "totaler Aversion gegen die linksideologische Political Correctness" gründete. Vorbild war ihm "Davids Medienkritik", ein Weblog, das Antiamerikanismus in deutschen Medien dokumentieren will. Erfolg hat Herre aber vor allem mit seinen teilweise schockierenden Meldungen über die islamische Realität in Europa, die die meisten Medien lange Zeit nur unter ferner liefen druckten: Bei PI finden sie sich wie unter einem Brennglas zusammen und zeigen, wie sich der Krieg der Kulturen in unseren Städten entzündet. Und mehr und mehr greifen inzwischen auch Etablierte wie Spiegel, FAZ oder Welt PI-Meldungen auf.

Der 1965 in Köln geborene Herre, aus einem CDU-nahen Elternhaus stammend und sich selbst als "konservativ" bezeichnend, bekam von seinem Vater das politische Interesse mit auf den Weg - ebenso wie die Passion des Leserbriefschreibens. Letzteres hat er inzwischen aufgegeben, denn seine Energie fließt heute in die Etablierung einer professionellen Gegenöffentlichkeit: Für Herre bedeutet das, den Rechner morgens um sieben anzustellen, um dann in einer Sisyphosarbeit bis nachts um elf einem Dhimmi-Deutschland entgegenzuarbeiten - etwa durch die Veröffentlichung der dänischen Mohammed-Karikaturen. Seitdem hat sich Herres Leben verändert. Aus dem Hobby wurde ein Beruf, oder genauer: eine Berufung. Denn ohne die Leidenschaft, die Herre mit seinen Autoren teilt, wäre PI, das wegen mangelnder Werbe- und Sponsorengeldern auf Basis von Selbstausbeutung arbeitet, nicht möglich.

Wie schlecht es um die mediale Aufklärung bestellt ist, zeigte der erste deutsche Bloggerkongreß "Re:publica" im April, der PI ebenso ignorierte wie der Grimme-Online-Award 2007 für Information. Den bekam das  Medienblog Stefan-Niggemeier.de, wo PI-Anhänger mit "Nazis" verglichen und als "Herre-Menschen" diffamiert werden. Schließlich wurde im Juni der PI-Eintrag bei Wikipedia gelöscht. Doch den Triathleten Herre - dreimaliger Ironman-Teilnehmer - spornt das nur weiter an: jenem Tag entgegenzuarbeiten, an dem die Leute nicht mehr Spiegel-Online, sondern PI zitieren.


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