© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/07 06. Juli 2007

Zeitschriftenkritik: Unsere Agenda
Rechtsstaat heißt Gottesstaat
Werner Olles

Die im Auftrag der Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung (FKBF) von Harald Bergbauer, Till Kinzel und Caspar von Schrenck-Notzing herausgegebene Zeitschrift Unsere Agenda stellt in ihrer aktuellen Ausgabe wieder eine Reihe bedeutender konservativer Köpfe vor, darunter so herausragende Wissenschaftler und Schriftsteller wie Elisabeth Noelle-Neumann, David Hume, Alexander Solschenizyn, Milton Friedman, Russell Kirk und Gerhard Radnitzky.

Im Editorial zitiert Caspar von Schrenck-Notzing den Cicero-Chefredakteur Wolfram Weimer, der Konservativ-Sein als "tiefe Widerstandshaltung gegen die vorwärtsstürmende Moderne und die Ökonomisierung aller Lebensbereiche" definiert. Dagegen gibt CSN zu bedenken, daß der Konservatismus-Diskurs als Folge des kläglichen Endes der in der Ära Kohl untergegangenen Tendenzwende heute jedoch ohne die Beteiligung Konservativer stattfindet. Und selbst bei der spannenden Frage, wer wohl die 500 wichtigsten Intellektuellen in Deutschland seien, kommt Cicero auf höchstens zehn Konservative, wobei Benedikt XVI. den wichtigsten Platz einnimmt.

Über das Pontifikat Benedikt XVI. schreibt Martin Mosebach, die Sphäre der liberalen Politik habe dessen Kampfansage inzwischen verstanden: "Es ist nach dem langen und erfolgreichen Kampf der Kirche gegen den Kommunismus, als es geradezu aussah, als sollte die Demokratie zur Nachfolge des alten 'Thron und Altar' bereitet werden, nun endlich wieder deutlich, daß die katholische Kirche niemals das Konzept menschlicher Autonomie akzeptieren kann. Rechtsstaat ist nach Papst Benedikt jener Staat, der das von Gott offenbarte Recht schützt." Von dieser Überzeugung werde Benedikt auch "nicht um Haaresbreite zurückweichen", und zwar nicht aus reaktionärer Halsstarrigkeit, sondern weil ihm das Amt etwas anderes nicht gestattet. Der Autor befaßt sich zudem mit dem dringenden Wunsch des Papstes nach einer Öffnung der katholischen Kirche hin zur byzantinischen Orthodoxie. Nach dem katastrophalen Traditionsbruch seit dem II. Vatikanischen Konzil werde damit "das Erbe des ersten christlichen Jahrtausends endlich in Ehren angenommen".

Günter Rohrmoser beschreibt in seinem Beitrag "Brauchen wir eine Kulturrevolution?" verschiedene Kulturrevolutionen der Neuzeit. Er kommt dabei zu dem Schluß, "daß wir gezwungen sind, uns auf unser antik-christliches, früher sagte man abendländisches Erbe zu besinnen, weil hier allein noch ein Fundament zu finden ist, auf dem man stehen kann, ohne wie ein Halm in den Winden des Zeitgeistes zu schwanken". Das hört sich gut an, doch ist das Abendland spätestens im August 1914 endgültig untergegangen, und was seitdem an seine Stelle getreten ist, darauf möchte man sich als Konservativer eher nicht berufen.

Neben Georg Alois Oblingers interessantem "Streifzug durch den katholischen Blätterwald" und verschiedenen Buch- und Zeitschriftenbesprechungen ist vor allem noch auf CSNs Porträt von Alexander Solschenizyn als "Zeuge des Jahrhunderts" hinzuweisen.

Anschrift: FKBF. Knöbelstr. 36, 80538 München


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