© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/07 13. Juli 2007

Rainer Wagner
In schwerer See
von Ekkehard Schultz

Rainer Wagner steuert in schwerer See. Seit dem Wochenende führt er die Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG), den Dachverband der deutschen Kommunismus-Opfer, nachdem der bisherige Vorsitzende Horst Schüler nach sechs Jahren seinen Verzicht erklärt hatte. Der Grund dafür sind die heftigen Querelen, die die UOKG derzeit plagen (JF berichtete). Der 56jährige Rainer Wagner übernimmt die Leitung des Verbands, der die rund dreißig wichtigsten Opfervereine repräsentiert, also mitten in der schwersten Krise, die die 1992 gegründete UOKG bisher zu bestehen hat.

Dabei sind Schüler und Wagner selbst Exponenten des Konfliktes. Schon seit geraumer Zeit schwelt ein Streit um den Ausschluß der beiden mitgliederstärksten Vereine: der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) und des Bundes der stalinistisch Verfolgten (BSV). Beide Verbände gelten einer Mehrheit der übrigen UOKG-Funktionäre als zu "rechtslastig". Vor allem  aber spielen persönliche Animositäten eine erhebliche Rolle.

Schüler, der zwar einige der Vorwürfe inhaltlich für stichhaltig, jedoch eine Spaltung der UOKG politisch für inakzeptabel hält, sah sich im Vorstand isoliert und zog sich zurück. Mit Spannung sah man daher der Vorstandswahl am Samstag in Berlin entgegen: Welcher Flügel würde sich durchsetzen? Doch die Frage nach der Person des neuen Vorsitzenden geriet fast zur Nebensache, wurde doch unmittelbar vor der Wahl erneut von einer hauchdünnen Mehrheit der Beschluß gefaßt, die VOS auszuschließen.   

Aber auch die Wahl Rainer Wagners ist ein Signal, denn bereits im März hatte er sich auf die Seite der VOS-Gegner geschlagen. Obwohl selbst langjähriges VOS-Mitglied, fühlte er sich bei Nachfragen und Anträgen von der Bundesführung ignoriert. Der Streit eskalierte, und der VOS-Vorstand stellte seinerseits einen Ausschlußantrag gegen Wagner. Mit dessen Wahl haben sich also die Gräben weiter vertieft.

Fern scheint inzwischen die Urerfahrung, die alle UOKG-Mitglieder einst einte: das Erleiden kommunistischer Verbrechen. Wagner geriet bereits als 15jähriger in die Mühlen der DDR-Justiz, als er nach einem Fluchtversuch aufgegriffen wurde und die Jahre 1967 bis 1969 im Zuchthaus verbrachte. Geboren 1951 in Weißenfels in Sachsen-Anhalt, studierte er Theologie und war bis zu seiner Ausreise 1984 in die Bundesrepublik als Prediger tätig.

Wagner ist Evangelikaler. Der Pietist übt heftige Kritik sowohl am Islam, wie an linkstheologischen Projekten, wie etwa der "Bibel in gerechter Sprache", er war bis 1999 Obmann der konservativen Evangelischen Notgemeinschaft und ist heute Vorsitzender der bibeltreuen Evangelischen Allianz in Neustadt an der Weinstraße. Politisch engagierte er sich in der SED-Opferorganisation "Arbeitsgemeinschaft ehemaliger politischer Häftlinge in der Evangelischen Kirche" sowie in der CDU. Nun ist es an ihm, den Zwist zugunsten des Erhalts der Einheit der deutschen Kommunismus-Opfer zu schlichten.


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