© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/07 13. Juli 2007

Grober Schwachsinn
Kraß und unkorrekt I: "Clerks 2" von Kevin Smith im Kino
Elen Kositza

Ein bißchen verläßt man sich doch immer auf Wertungen anderer, bevor man einen Film schaut. "Clerks - Die Ladenhüter" lief vor 14 Jahren, gewann unter anderem den Jugendfilmpreis in Cannes und gilt weithin als Kult, gern noch mit einer Steigerung wie "Ultra" oder "Mega" versehen. Der damals blutjunge Regisseur Kevin Smith, so wird kolportiert, habe seinerzeit unter anderem seine illustre Comic-Sammlung versilbert, um die Produktionskosten von 50.000 Dollar (davon ging die Hälfte für Lizenzrechte des Soundtracks drauf) zu finanzieren. Der Coup gelang, noch heute verkauft sich die entsprechende DVD bestens. Gut, vielleicht hätte sich die Filmkritikerin von mancher euphorischen Publikumsrezension (etwa bei amazon: "... so witzig, daß ich beinahe gekotzt hätte") alarmiert fühlen müssen?

In den USA war Clerks zunächst nur für Erwachsene freigegeben worden, was sowohl die Filmmacher als auch noch nachträglich die große Fangemeinde entrüstete - immerhin sei weder Gewalt noch nackte Haut zu sehen -, über Sex werde ja gewissermaßen nur "referiert".  Mit Hilfe eines prominenten Bürgerrechtsanwalts boxte die Vertriebsgesellschaft schließlich ein sogenanntes r-rating durch: der jugendliche Kinogänger muß von einem Erwachsenen  begleitet werden.

Keines weiteren Kommentars bedarf es, daß der Film in Deutschland von der FSK lässig für Kinder ab 12 zugelassen wurde. "Ja, das Ding ist recht kraß", schwärmt ein Freund, der "Clerks 2" kategorisch ein "Muß" nennt, "aber eben auch hundertprozentig politisch unkorrekt - unbedingt anschauen!" Also: Kaum zu leugnen, daß man ungefähr dreimal buchstäblich Tränen gelacht hat während dieses Films, den man getrost als abartig bezeichnen darf.

Von inhaltlichem Gehalt ist kaum zu reden: Choleriker Randal (Jeff Anderson) und sein ernsthafterer Kumpan Dante (Brian O'Halloran) betreiben diesmal - habituell mehr schlecht als recht - die Filiale einer Fast-Food-Kette. Die Kolonne der allein dadurch bereitstehenden Witzigkeiten auf Ekel-Niveau ist leicht vorstellbar. Daneben wird der dröge Dante von seiner heißen Blondie-Verlobten Emma zur Hochzeit gedrängt, während er jedoch drauf und dran ist, sein Herz an die hispanische (und intellektuell anspruchsvolle)  Geschäftsführerin Becky zu hängen.

Gespickt wird die Geschichte durch das gelegentlich rassistische, zumeist aber pornographische Genörgel Randals, dessen Lieblingsthemen sich auf diverse sexuelle Abweichungen beschränken. Man kann dies einen "entfesselten Humor, dem nichts heilig ist" nennen, wie es in der Presse-Info heißt, besser aber groben Schwachsinn.   

Bei den Filmfestspielen in Cannes kassierte "Clerks 2" wiederum standing ovations, und in seinem Heimatland spielte der Film - dessen Produktion die Kosten seines Vorgängers hundertfach übertraf - im vergangenen Jahr über 25 Millionen Dollar ein. Klar auch: In den USA lief der Streifen wieder r-rated, während er hierzulande für ein Publikum ab 12 Jahren empfohlen wird.

Nach alldem, was jüngst in dieser Zeitung über die Erwartungshaltung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung an elterliche Sexualerziehung bekannt wurde (JF 27/07), verwundert das nicht. Was sollte auch an ausgiebigen Sexszenen zwischen Mensch und Esel jugendgefährdend sein - zumal, wenn es den Beteiligten gefällt?  

Foto: Dante (B. O'Halloran) und seine Chefin (R. Dawson)


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