© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/07 20. Juli 2007

Heuchlerische Kritik
von Bernd-Thomas Ramb

Ironisch könnte das ungebetene Erscheinen des französischen Staatspräsidenten Sarkozy beim Euro-Gruppentreffen der EU-Finanzminister als "Antrittsbesuch" eingeordnet werden. Sarkastisch wäre hinzuzufügen: Dabei hat der nationalbewußte Franzose den Finanzministern der Partnerstaaten die Leviten gelesen. Frankreich wird nicht bis 2010 zu einem ausgeglichenen Staatshaushalt zurückkehren, sondern bestenfalls 2012 - Deutschland hatte diesen längst in Vergessenheit geratenen Zustand für 2011 angekündigt. Frankreich besteht auf einem wirtschaftspolitischen Währungskontrollrat, der die Entscheidungen der Europäischen Zentralbank überwachen soll, Frankreich fordert eine gezielte Wechselkursschwächung des Euros zum Dollar, um die schwache französische Außenwirtschaft zu unterstützen.

Die allgemeine Aufregung oder gar Empörung über soviel französischen Eigensinn bleibt indes unverständlich. Es wäre mehr als naiv zu glauben, Frankreichs Vorstellung von der eigentlichen Bestimmung der europäischen Währungsunion habe sich in den letzten zwanzig Jahren gewandelt. Der Euro soll schwach und politisch manipulierbar sein, sonst hätte Europa ja gleich die Deutsche Mark übernehmen können. Die Kritik deutscher Politiker an Sarkozys Wiederholung alter französischer Währungsphilosophien ist zudem heuchlerisch. Schon lange haben sie sämtliche deutschen Tugenden eines stabilen Geldwesens still und heimlich zu Grabe getragen - nicht nur mit der spektakulären Abschaffung der D-Mark.


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