© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/07 27. Juli / 03. August 2007

Einschüchterungsstrategie
von Heinrich Lummer

Die Landespolizeischule Berlin hat ihren Dozenten für Rechtswissenschaft, Falko Gramse, mit sofortiger Wirkung von seinen Dienstpflichten entbunden. Grund: Der im Ruhestand befindliche Amtsrichter war gelegentlich Autor konservativer Zeitschriften, darunter - dies wurde gern hervorgehoben - auch der JUNGEN FREIHEIT. Er sei, so die Welt, über sein "augenscheinlich distanzloses Verhältnis" zum deutschen Patriotismus und Nationalstolz "gestolpert". "Unsere Lehrenden müssen über jeden Zweifel erhaben sein", ließ ein Polizeisprecher wissen.

Man reibt sich verwundert die Augen: Der Mitarbeiter einer staatlichen Institution macht von einem selbstverständlichen Freiheitsrecht Gebrauch, publiziert in einer Zeitung und wird anschließend von seinen Dienstpflichten entbunden. Nicht, daß dieser Zeitung extremistische Bestrebungen unterstellt würden; nicht, daß man Gramse Inhaltliches vorwerfen würde. Nein, es genügt der "Zweifel", über den "erhaben" sein muß, wer hierzulande etwas werden oder bleiben will.

Doch "Zweifel" kann jeder säen - jederzeit. Sie machen ihr Opfer schutzlos und, wenn es an die berufliche Existenz geht, vogelfrei. Solange niemand dagegen aufsteht, geht die Einschüchterungsstrategie gegen den freien, selbstverständlichen Gebrauch unserer Grundrechte auf. Für den Ruheständler Gramse mag der Schaden gering sein. Für den Rechtsstaat ist er verheerend.

 

Heinrich Lummer (CDU) war Bürgermeister und Innensenator von Berlin.


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