© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/07 27. Juli / 03. August 2007

Kolumne
Noch immer nicht auf Augenhöhe
Bruno Bandulet

In der Frankfurter Allgemeinen erschien kürzlich ein Leserbrief, in dem für mehr Distanz zu den USA plädiert und behauptet wurde, die Vereinigten Staaten trügen die Hauptschuld an dem "ganzen Elend", das Deutschland im 20. Jahrhundert widerfahren sei.

Abgesehen davon, daß es sich um eine Mischung aus Fremd- und Selbstverschulden gehandelt hat, ist es richtig, daß es ohne den Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg kein Versailles, mithin keinen Hitler und keine Zerschlagung des Reichs gegeben hätte. Es waren die USA, die den Großmachtstatus, den das Kaiserreich genoß, liquidiert haben.

Welche aktuellen Folgerungen lassen sich daraus ziehen? Keine. Deutschland kann und darf sich keinen Antiamerikanismus leisten - weder aus historischen Gründen noch aus solchen kultureller Überlegenheitsgefühle, noch aus antikapitalistischer Aversion. Bismarck hätte gesagt: Antipathien und Sympathien gegenüber einer fremden Macht tragen bereits den Keim der Untreue gegenüber dem eigenen Souverän in sich.

Und doch: Das deutsch-amerikanische Verhältnis ist unter den jetzigen Bedingungen ungut. Ein Teil der deutschen Eliten pflegt immer noch Satellitenmentalität. Die Amerikaner haben ihre Abhöranlage von Bad Aibling nach Hessen verlegt, spionieren immer noch deutsche Konzerne aus, und dem BND ist es immer noch untersagt, die Unternehmen vor derartigen Lauschangriffen zu warnen. Seit Februar 2006 wurde die Bundeswehrführung mehrfach darüber informiert, daß US-Soldaten in Afghanistan mit deutschen Hoheitszeichen auf ihren Fahrzeugen und Uniformen unterwegs waren. Die Bundeswehr nahm das stillschweigend hin. Die US-Stützpunkte hierzulande, die Deutschland de facto zu einem unsinkbaren Flugzeugträger amerikanischer Interventionspolitik machen, werden vom deutschen Steuerzahler finanziert. Wir wüßten gerne, in welchen Etats die Mittel versteckt sind. Und nachdem die Münchner Staatsanwalt wegen der Entführung des deutschen Staatsbürgers El-Masri Haftbefehle gegen zehn CIA-Mitarbeiter erwirkt und an Interpol weitergeleitet hatte, legte die US-Botschaft in Berlin Protest ein. Wie würde Washington wohl auf die Entführung von US-Bürgern reagieren?

Noch ist es so, daß die Amerikaner keinen Umgang auf Augenhöhe pflegen und daß die Deutschen und Europäer nicht darauf bestehen. Das muß sich ändern - im Interesse einer dauerhaften und belastbaren Partnerschaft.

 

Dr. Bruno Bandulet ist Herausgeber des DeutschlandBriefes und des Finanzdienstes G&M.


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