© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/07 27. Juli / 03. August 2007

Der Lotse geht von Bord
Parteien: Mit dem Austritt des Bremer Bürgerschaftsabgeordneten Siegfried Tittmann verliert die DVU einen ihrer profiliertesten Politiker
Marcus Schmidt

Ein Mann, ein Wort, ein Tittmann." Unter diesem Motto war der DVU-Abgeordnete Siegfried Tittmann Anfang des Jahres in den Wahlkampf zur Bremer Bürgerschaft gezogen. Am Ende stand der erneute Einzug in das Stadtparlament.

Seit 1999 sitzt Tittmann, der bereits seit 1991 in der Stadtverordnetenversammlung von Bremerhaven vertreten ist, für die DVU in der Bremer Bürgerschaft. Über die Jahre war der gelernte Einzelhandelskaufmann über Bremerhaven und Bremen hinaus zu einer Galionsfigur der ansonsten gesichtslosen Partei um den Münchner Verleger Gerhard Frey geworden. Nicht nur bei seinen Parteifreunden und Wählern erwarb sich Tittmann durch seine schnörkellose Art ein gewisses Ansehen in der Doppelstadt, auch wenn er von den Politikern der anderen Parteien und den Medien weitgehend als Aussätziger behandelt wurde. Tittmann blieb sich aller Anfeindungen zum Trotz treu. Das mußte nun auch seine Partei, die DVU erfahren, als man sich in der Münchner Parteizentrale daran machte, die Bürgerschaftswahl vom 13. Mai zu analysieren. Und die Analyse verhieß Tittmann nichts Gutes. "Bei der Landtagswahl am 13. Mai haben wir im Wahlbereich Bremerhaven rund ein Drittel der Stimmen verloren, im Wahlbereich Bremen dagegen unsere Stimmen verdoppelt", rechnete die Bremer DVU Tittmann vor. Und dabei habe die Partei 85 Prozent der gegenüber der Bürgerschaftswahl 2003 gestiegenen Wahlkampfkosten auf Bremerhaven konzentriert.

Nach der Devise "Neue Besen kehren gut", forderte die DVU den 53jährigen daher auf, sein Mandat in zwei Jahren aufzugeben, um einem neuen und vor allem jüngeren Kandidaten Platz zu machen. Der postwendende Austritt Tittmanns machte der Parteiführung deutlich, was dieser von der geplanten Abschiebung aufs politische Altenteil hielt.

Was für die Frey-Partei einen Schock und den Verlust ihres schillerndsten und bekanntesten Parlamentariers bedeutet, will der Betroffene selbst gar nicht so hoch hängen. Sein Austritt sei "nichts spektakuläres" gewesen, sagte er der JUNGEN FREIHEIT. Nur folgerichtig. Ganz nach seinem Motto "Ein Tittmann, ein Wort". Auch nach dem Paukenschlag will er nichts Schlechtes über seine ehemalige Partei sagen. "Ich habe mich dort sehr wohlgefühlt", bekennt Tittmann, der seit 2004 auch stellvertretender Bundesvorsitzender der Partei war, in der er nach eigenen Angaben noch immer viele Freunde hat.

Trotz der Aufforderung der DVU, das "unter dem vollen Einsatz von uns allen (auch und insbesondere der Bundespartei und von Dr. Frey) errungene Mandat" zurückzugeben, will Tittmann bis zum Ende der gerade erst begonnenen Legislaturperiode in der Bürgerschaft die Interessen seiner Wähler vertreten. Viele hätten ihn angesprochen und gesagt: "Siggi, wir haben nicht nur die Partei gewählt, wir haben auch dich gewählt. Du kannst uns nicht im Stich lassen", erzählt Tittmann, der deutlich macht, daß er trotz zahlreicher Anfragen nicht beabsichtige, einer anderen Partei beizutreten. Auch eine Rückkehr zur DVU, sollte sie ihre Pläne ändern, schloß er aus: "Dann würde ich ja mein Gesicht verlieren", sagte der Liebhaber asiatischer Kampfsportarten. Er sei nur seinen Wählern verpflichtet, für die er sich all die Jahre "trotz der Hetze der örtlichen Medien" eingesetzt habe, und fühle sich nun ohne Partei- und Fraktionszwang frei und ungebunden.

Derweil verbreitet die Bremer DVU Zweckoptimismus und versucht die Enthauptung der Partei als Aufbruchstimmung zu verkaufen: "Wir begreifen die entstandene Situation auch als Chance zur Erneuerung."


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