© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/07 27. Juli / 03. August 2007

Rückenwind für einen Irrweg
Energiepolitik: Das Umweltbundesamt verlangt nach mehr Windrädern an Land und auf See / Ab 2020 keine Subventionen nötig
Klaus Peter Krause

Windkraft brauche mehr Rückenwind, meint das Umweltbundesamt (UBA). Dabei kann man sich einen stärkeren Rückenwind als den, der nun schon seit Jahren künstlich geblasen wird, gar nicht mehr vorstellen: Pflicht zur Ausweisung von Windradstandorten sowie massive staatliche Subventionierung mittels Zwangseinspeisung des Stroms in die Netze (Abnahmezwang) und staatlich verordneter Garantiepreise. Da macht es richtig Spaß, in diesem Milieu Unternehmer zu sein. Soll diese wunderschöne Unternehmerwelt der Windradhersteller nun noch schöner werden?

Sie soll. Das Umweltbundesamt hat kürzlich das Ergebnis eines "Forschungsprojekts" in Gestalt eines umfänglichen Berichts präsentiert und es so formuliert: "Der Ausbau der klimafreundlichen Windenergienutzung an Land und auf See kann nur gelingen, falls sich die rechtlichen und organisatorischen Bedingungen deutlich verbessern." An Land gerate der Ausbau der Windenergie trotz weiterhin verfügbarer Potentiale ins Stocken, und auf See komme die Windenergienutzung nur schleppend in Gang. Vor allem das sogenannte "Repowering" - der Ersatz vieler Altanlagen durch wenige moderne Windräder mit höherer Leistung - könne seine Vorteile, die Umweltbelastung der Windenergienutzung insgesamt deutlich zu verringern, bislang nicht ausspielen. Der Ausbaubeginn auf See werde behindert durch wirtschaftliche Hemmnisse und durch ein komplexes Zulassungsverfahren.

Damit wird erstens zugleich dies eingeräumt: Wenn es gilt, die Umweltbelastung der Windenergienutzung deutlich zu verringern, muß sie, worauf sachlich-nüchterne Windkraftkritiker die windkraft-beseelten Befürworter stets hingewiesen haben, auch deutlich vorhanden sein. Zweitens: Wenn für das Errichten von riesigen Windradfeldern auf See komplexe Zulassungsverfahren beklagt werden, dann wird damit verharmlost, daß sie dort bitternötig sind. Drittens: Wenn den Ausbau wirtschaftliche Hemmnisse behindern, dann zeigt das nicht nur, daß diese Hemmnisse wirklich bestehen, sondern auch, daß Windkraft auf See erst recht unwirtschaftlich ist und noch mehr Subvention braucht als die an Land.

Gleichwohl hat UBA-Vizepräsident Thomas Holzmann Bund und Länder aufgefordert, die Hemmnisse an Land und auf See zu beseitigen, um mit "Repowering" und der Windenergienutzung auf See ernsthaft zu beginnen. In den nächsten Monaten seien entscheidende Schritte nötig, um die Hemmnisse zu beseitigen und den seit 2003 stagnierenden Ausbau der Windenergienutzung in Deutschland wieder voranzubringen. Das Forschungsprojekt ist vom Amt selbst in Auftrag gegeben worden und überschrieben mit "Entwicklung einer Umweltstrategie für die Windenergienutzung an Land und auf See". Den Auftrag gemeinsam ausgeführt haben die Fachhochschule für Wirtschaft in Berlin, das Geographische Institut der Universität Hannover, das Institut für Technik- und Umweltrecht der Juristischen Fakultät der TU Dresden, die Deutsche WindGuard GmbH und die BioConsult SH - Dr. Georg Nehls in Husum.

Auftragsforschung und ihre Ergebnisse sind stets mit Vorsicht zu genießen. Meist kommt heraus, was sich der Auftraggeber davon erhofft. Das muß nicht immer dubios sein, aber kann. In diesem Fall handelt es sich um eine sachliche Schilderung dessen, wie es um den Windkraftausbau steht, welche Schwierigkeiten ihm entgegenstehen und wie seine weiteren Aussichten sind. Der Auftrag begrenzt den Inhalt und lautet nicht, Bedenken gegen die Windkraft zu sammeln oder diese gar gänzlich in Frage zu stellen. Zur Sprache kommen die beiden Vorteile des "Repowering", die Notwendigkeit überkommunaler Zusammenarbeit bei der Standortplanung, Umweltbelange bei der Planung und Zulassung, der Widerstreit von lokalen Interessen, Abstandsfragen, Naturschutzaspekte, die Schwäche der Übertragungsnetze und anderes mehr. Handlungsempfehlungen schließen sich an, darunter Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und ein spezielles Privileg für die Ersatzanlagen im Baugesetzbuch, wie sie unter Protesten von Bürgerinitiativen und Gemeinden auch für Erst­anlagen besteht.

So sachbezogen das alles ist, wenn man die Windkraftnutzung für vernünftig hält und sie daher noch ausweiten will, so sehr mißfällt, was im Projekt auftragsgemäß ausgeblendet wird und daher nicht vorkommen kann. Es ist freilich das Entscheidende, und das sind die unausweichlichen Schwachpunkte der Windkraftnutzung. Dazu gehören die physikalische Tatsache der zu geringen Leistungsdichte, die Unstetigkeit des Windes und die Notwendigkeit, zusätzlich immer auch herkömmliche Kraftwerke bauen zu müssen, wenn man immer mehr Windräder aufstellt (JF 38/06). Die heute propagierte Windkraftnutzung ist, auch wenn Erdöl, Erdgas und Kohle teurer werden und Windkraft von 2020 an ohne Subventionen auskäme, nach wie vor ein energie- und umweltpolitischer Irrweg.  

Die UBA-Studie zur Windenergie steht im Internet: www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3241.pdf


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