© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/07 10. August 2007

Schizophren
von Michael Paulwitz

Verstehe einer die deutschen Sozialdemokraten. Mit dem Her­einholen neuer Konkurrenz aus Osteuropa auf den deutschen Arbeitsmarkt geht es ihnen nicht schnell genug. Ausgerechnet ein SPD-Staatssekretär im Arbeitsministerium will die Zugangsbeschränkungen für Arbeitskräfte aus den neuen EU-Staaten schon vor dem regulären Ende im Jahr 2009 lockern. Eine Verlängerung auf die Maximaldauer bis 2011 soll es erst recht nicht geben. Selbst die CDU, von Multikulturalisten Marke Süssmuth mal abgesehen, gibt sich mit ihrem Widerstand arbeitnehmerfreundlicher als die Ex-Arbeiterpartei. Der Streit um ein paar Jahre hin oder her kratzt dabei nur an der Oberfläche. EU-Osterweiterung und Binnenfreizügigkeit sind Teil einer forcierten Globalisierung, bei der die wachsenden Chancen der einen mit Wohlstandseinbußen bei den anderen bezahlt werden müssen.

Und zwar von den Arbeitnehmern, während sich die Bosse über das erweiterte Arbeitskräfteangebot freuen können. Daran ändern untaugliche Krücken wie Mindestlohn und Entsendegesetz ebensowenig etwas wie die als Beruhigungspille gedachte Übergangsregelung, die übrigens SPD-Kanzler Schröder abgesegnet hat. Nur konsequent also, daß Arbeitgeberfunktionären auch dieser Vorstoß nicht weit genug geht und sie noch lauter nach mehr importierten "Spezialisten" rufen. Grundsätzlicher Widerstand ist ja weder von SPD noch von Gewerkschaftern zu erwarten, wenn eingewanderte Lohndrücker die eigene Klientel bedrängen. Das grenzt schon an Schizophrenie.


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