© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/07 17. August 2007

Kurze Halbwertszeit
von Josef Kraus

Ist es das Sommerloch, das Politiker mit dem Vorschlag eines Deutschland-Abiturs auf den Plan ruft? Wie auch immer: Die Länder sind hier ohnehin auf einem guten Weg. Zuletzt haben sogar Hessen, NRW, Niedersachsen und Hamburg auf ein Landes-Zentralabitur umgestellt. Es ist somit in der großen Mehrzahl der Länder Praxis. Damit ist bereits ein transparenter Vergleich der Abituransprüche möglich.

Bei einem deutschlandweit einheitlichen Abitur aber wäre zu befürchten, daß es zu einer Nivellierung des Anspruchs nach unten käme. Die seichten Abiturvereinbarungen der Kultusministerkonferenz von 1987 und 1996 lassen solches jedenfalls erahnen. Verlierer wären die starken Abiturländer, nämlich die süddeutschen. Ein deutschlandweites Zentralabitur wäre zudem nur möglich, wenn mindestens drei Jahre zuvor die Lehrpläne der gymnasialen Oberstufe deutschlandweit vereinheitlicht worden wären. Für mehrere Fächer bliebe ein bundeseinheitliches Abitur auch dann eine Verarmung. In den Fächern Geschichte, Geographie und Sozialkunde/Politik könnten keine landesspezifischen Inhalte mehr geprüft werden.

Überhaupt ist unverständlich, welch kurze Halbwertszeit mittlerweile Änderungen des Grundgesetzes haben. Immerhin war der den Wettbewerb fördernde Bildungsföderalismus erst 2006 im Zuge der Föderalismusreform deutlich gestärkt worden. Dem laufen Überlegungen zu einem Deutschland-Abitur völlig zuwider.

 

Josef Kraus ist Präsident des Deutschen Lehrerverbandes (DL).


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