© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/07 17. August 2007

Notker Wolf
Mahner in Schwarz
von Fabian Schmidt-Ahmad

Konservativen ist Notker Wolf bekannt als Mahner wider den Zeitgeist, der breiten Öffentlichkeit dagegen vor allem - ganz zeitgeistig - als "der rockende Mönch". Denn Wolf ist nicht nur Abtprimas und damit Oberhaupt des Benediktinerordens, des ältesten christlichen Mönchsordens mit mehr als 800 Klöstern und Abteien weltweit, sondern auch Mitglied der Rockgruppe Feedback (www.feedback-rock.de). Natürlich kokettiert der 1940 als Sohn eines Schneiders in Grönenbach im Allgäu geborene Wolf mit der Kombination von roter E-Gitarre und dem schwarzen Habit der Benediktiner. Doch sollte man ihn nicht mit jenen verwechseln, die durch Klanginstallationen in Kirchen und ähnlichen Projekten demonstrieren wollen, was für weltoffene, tolerante und irgendwie interessante Vertreter des Christentums sie doch sind.

Will man das Leben Notker Wolfs charakterisieren, so sind wohl eher die Worte "Beharrlichkeit" und "Prinzipientreue" angebracht. Beides Eigenschaften, die er vor allem für seine Missionstätigkeit benötigt. Denn Wolf, der sich bereits mit 14 Jahren sein Lebensziel als Missionar setzte, baut nicht nur in China und Afrika, Japan und Amerika Brückenköpfe für das Christentum. Auch bei uns meldet er sich als unbequemer Zeitgenosse immer wieder zu Wort.

Zum Beispiel mit seiner Streitschrift "Worauf warten wir? Ketzerische Gedanken zu Deutschland" (Rowohlt, 2006), einer scharfzüngigen Abrechnung mit der Generation von 1968, die auch seine Generation ist. Harte Worte findet der Benediktiner für eine Revolte, die den befreiten Menschen anstrebte, aber nur dessen Infantilisierung erreichte: "Der fürsorgliche Staat braucht gehorsame, resignierte, verzagte, also entmündigte Bürger. Er ist keineswegs weniger autoritär, als es der deutsche Staat vor '68 gewesen ist, er hat nur die Maske gewechselt - statt des strengen väterlichen Gesichts zeigt er jetzt das milde Antlitz einer Mutter, die nur das Beste für ihre Kinder will. Und man kann diesem Staat nicht einmal vorwerfen, daß er das Versprechen der Fürsorglichkeit nicht einlösen würde. Er kümmert sich unermüdlich. Er trifft Vorsorge für wirklich alles. Nur eins käme dem mütterlichen Staat bei seinem Beglückungseifer nie in den Sinn: seine Bürger in die Freiheit zu entlassen."

Da ist es nicht verwunderlich, daß Wolf bei Apologeten dieser Geistesströmung auf wenig Sympathie trifft. Dabei dürfte noch nicht einmal so sehr seine Gesellschaftskritik den Unmut erwecken als vielmehr die Tatsache, daß dieser Mönch Dinge lebt, die andere für sich nur reklamieren. Etwa wenn die Benediktiner "interkulturell" mit buddhistischen Zen-Mönchen zusammenarbeiten: selbstbewußte Toleranz, die weder Gefahr läuft, sich in dem anderen zu verlieren, noch diesem die eigene Meinung aufzudrängen. Geboren aus einem Christentum der Stärke: "Auf daß Gott in allem verherrlicht werde". Und die damit nebenbei die Utopie von 1968 als das entlarvt, was jeder Versuch darstellt, den Menschen nur aus dieser Welt heraus begreifen zu wollen - als große Lüge.


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