© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/07 17. August 2007

"Genug ist genug"
Niederlande: Rechter Parlamentarier Geert Wilders will nach Angriff auf Islam-Abtrünnigen Koran verbieten
Mina Buts

Die Niederlande galten jahrzehntelang als Hort des Laissez-faire und der Toleranz. Drogen gab es legal im "Koffieshop" zu erwerben, die Sterbehilfe wurde ebenso freizügig geregelt wie die Abtreibung. Immer schien dieses Land den anderen Europäern einen Schritt voraus zu sein. Vielleicht ist das jetzt auch wieder der Fall. Denn während die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Maria Böhmer (CDU), noch darüber nachdenkt, ob es nicht einen freundlicheren Begriff für das mittlerweile etwas zu negativ konnotierte Wort "Migrant" geben könne, wird in den Niederlanden unterdessen weiterhin eine deutlich rigidere Ausländerpolitik verfolgt - trotz des Regierungswechsels hin zu einer "linkeren" Koalition aus Christ- und Sozialdemokraten.

Der harte Kurs wird getragen von der Mehrheit der Bevölkerung wie von einem großen Teil der eingebürgerten Zuwanderer. Abgelehnte Asylbewerber werden konsequent abgeschoben, verpflichtende Sprachtests und Staatsbürgerkunde für Zuwanderer eingeführt. Zwei spektakuläre Morde haben dieses rasche Umdenken bewirkt. 2002 wurde Pim Fortuyn, Vorsitzender der nach ihm benannten Partei (LPF) und berühmt wegen seiner Kritik an muslimischen Zwangsehen, Ehrenmorden und Straßengangs, kurz vor den Wahlen von einem Fanatiker ermordet. Seine LPF zog als zweitstärkste Kraft in das Parlament und sogar die Regierung ein (JF 22/02). Nur zwei Jahre später wurde der Filmemacher Theo von Gogh auf offener Straße umgebracht (JF 49/04). Mit einer Machete wurde ihm ein Drohbrief gegen seine Mitstreiterin, die ebenfalls islamkritisch eingestellte rechtsliberale Abgeordnete Ayaan Hirsi Ali, angeheftet, die von Stund an unter Polizeischutz leben mußte.

Auch Geert Wilders, damals noch Vertreter der Rechtsliberalen (VVD) im Parlament, steht seit diesem Tag ununterbrochen unter Polizeischutz. Er hatte sich gegen den Fraktionszwang seiner Partei gestellt und einen EU-Beitritt der Türkei für alle Zeiten ausgeschlossen. Überdies war er kurz zuvor mit einem Zehn-Punkte-Programm, in dem er einen deutlichen Rechtsruck seiner Partei gefordert hatte, "unangenehm" aufgefallen. 2006 gründete er die rechtsnational-wirtschaftsliberale Freiheitspartei (PvdV), die auf Anhieb neun Sitze im Parlament errang (JF 49/06).

Wilders ist immer für Schlagzeilen gut: Gleich nach seiner Wahl forderte er ein Verbot für den Neubau von Moscheen. Anfang des Jahres fiel er mit der Äußerung auf, Moslems, die in den Niederlanden seßhaft werden wollten, müßten eigentlich die Hälfte des Korans schwärzen. Vergangene Woche aber forderte er sogar ein vollständiges Verbot des Koran. Hintergrund ist der gewaltsame Übergriff auf den jungen Politiker Ehsan Jami. Die liberale, nicht-islamische Erziehung durch die eigenen Eltern nötigte Jamis Familie, aus dem Iran zu emigrieren und in den Niederlanden um politisches Asyl nachzusuchen. Anfang des Jahres gründete er ein Komitee für Ex-Moslems, dessen Hauptziel die Nicht-Diskriminierung Glaubensabtrünniger ist. Vergangene Woche wurde Jami beim Verlassen eines Supermarktes von einem muslimischen Schlägertrupp überfallen und steht mittlerweile ebenfalls unter Polizeischutz.

In seiner Brandrede, die unmittelbar nach der blutigen Attacke in der linksliberalen Tageszeitung De Volkskrant erschien, vergleicht Wilders den Koran mit Hitlers "Mein Kampf" und beruft sich dabei auf die 2006 verstorbene linke italienische Journalistin Oriana Fallaci, die sich in ihren letzten Lebensjahren insbesondere als Islamkritikerin engagiert und diesen Vergleich bereits 2005 angestellt hatte. Genauso wie sie, so Wilders, erkläre er schon seit Jahren, daß es einen gemäßigten Islam nicht gebe. Anläßlich des Angriffs auf Jami fordert er ein Ende des "politisch korrekten Geschwafels". Der Kern des Problems sei "der faschistische Islam, die kranke Ideologie von Allah und Mohammed, so wie sie in dem islamischen 'Mein Kampf', dem Koran" niedergelegt worden sei.

Er bemängelt, daß der Koran dazu aufrufe, Ungläubige zu unterdrücken, zu verfolgen und zu ermorden, Frauen zu schlagen und zu vergewaltigen und mit Gewalt einen weltweiten islamischen Staat zu installieren. Seine Forderung lautet: "Verbietet das elende Buch, so wie 'Mein Kampf' verboten ist! Gebt ein Signal an die Schläger, die Jami überfielen, und an andere Islamisten, daß der Koran in unserem Land niemals als Inspiration oder gar Entschuldigung für Gewalt gebraucht werden darf." Wilders holt zum Rundumschlag gegen die niederländischen Politiker aus, die in ihrer Naivität und Ängstlichkeit glaubten, daß die niederländische Kultur eine jüdisch-christlich-islamische Tradition haben müsse.

Dabei übersieht er geflissentlich, daß selbst Prediger des gemeinsamen Miteinanders der Religionen mittlerweile ihre Positionen revidieren. So rief der sozialdemokratische Politiker Ahmed Aboutaleb, selbst marokkanischer Herkunft, noch unmittelbar nach dem Mord an van Gogh in einer Amsterdamer Moschee zu religiöser Toleranz auf. Mittlerweile in das Amt des Staatssekretärs für Arbeit und Soziales aufgerückt, erklärt er, Frauen mit Burka dürften sich nicht wundern, keine Anstellung zu finden - ja, seiner Meinung nach sollten sie sogar von der Zahlung einer Sozialhilfe ausgeschlossen werden.

Wilders polarisiert natürlich absichtlich und beendet seinen Aufruf mit provokanten Forderungen: "Ich habe genug vom Islam in den Niederlanden: keine weiteren muslimischen Immigranten. Ich habe genug von der Anbetung Allahs und Mohammeds in den Niederlanden: keine weiteren Moscheen. Ich habe genug vom Koran in den Niederlanden: Verbietet das faschistische Buch. Genug ist genug." Ob die Niederlande nun im 21. Jahrhundert in Sachen Intoleranz zum Vorreiter in Europa werden?

Foto: Prinzessin Máxima der Niederlande mit Musliminnen: Wilders gegen islamische Unterwanderung


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