© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/07 17. August 2007

Leserbriefe

Zu: "Einschüchterungsstrategie" von Heinrich Lummer, JF 31-32/07

Zweifel woran, bitte?

Wie ist es eigentlich mit dem Selbstverständnis dieses Staates bestellt? Linke Aufforderungen zu seiner Abschaffung (Deutschland verrecke! Nie wieder Deutschland! Deutschland von der Karte streichen!) und zur Tötung seiner Bürger (Bomber Harris, do it again) nimmt er widerspruchslos hin, entschuldigt sein Phlegma sogar mit Meinungsfreiheit und mangelndem öffentlichen Interesse. Tritt aber jemand für den Erhalt des Staates ein, wie kürzlich eine Lehrerin und jetzt ein Dozent an einer Polizeischule, werden diese abgestraft. Und das wegen eines "distanzlosen Verhältnisses zu Patriotismus und Nationalstolz" und weil Dozenten über jeden Zweifel erhaben sein müßten. Zweifel woran, bitte? An genügender Geringschätzung ihres Dienstherrn?

Eberhard Koenig, Baiern

 

 

Zu: "Vom Klimawahn zur Energiekrise" von Roland Baader, JF 31-32/07

Neue Wege und Möglichkeiten

Bei aller Wertschätzung und Zustimmung für den Autor muß ich jedoch der von ihm erfolgten undifferenzierten Gleichsetzung von Marktwirtschaft und Kapitalismus entschieden widersprechen: Marktwirtschaft zielt prinzipiell darauf ab, über Markttransparenz und freien Wettbewerb wirtschaftliche Machtpositionen und private Monopole zu verhindern, wirtschaftliche Macht zu verteilen und zu begrenzen. Der Kapitalismus hingegen zielt auf Vermachtung der Märkte, auf Kartellisierung und Monopolisierung sowie auf Ausschaltung des Wettbewerbs zum Zwecke der ungehemmten Profit-und Machtmaximierung (siehe unsere Energiemonopole und Wirtschaftskartelle).

Genau aus diesen Gründen hat Ludwig Erhard bei dem Konzept seiner "Sozialen Marktwirtschaft" soviel Wert auf eine scharfe Kartellgesetzgebung und auf ein wirkungsvolles Kartellamt gelegt. Durch die undifferenzierte Gleichsetzung mit dem real existierenden Raubtier-Kapitalismus wird die inzwischen leider weitgehend abgeschaffte freie und soziale Markt- und Wettbewerbswirtschaft zu Unrecht diskreditiert und in ihrer Akzeptanz beschädigt. Und dies ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, wo das Wetterleuchten auf den internationalen Finanzmärkten die bevorstehende (Selbst-)Auslöschung des bisherigen Finanz-Kapitalismus anzeigt.

Dadurch wird aber meines Erachtens nicht, wie von Herrn Baader beschworen, die Freiheit ausgelöscht, sondern es werden ihr im Gegenteil neue Wege und Möglichkeiten eröffnet werden, da der heutige Kapitalismus nun doch wirklich das exakte Gegenteil von Freiheit und Demokratie darstellt!  Und wenn wir dann demnächst auf den Trümmern von Sozialismus und Kapitalismus etwas Neues werden aufbauen müssen, dann werden wir auf das hervorragende Konzept der "Sozialen Marktwirtschaft" und die Akzeptanz und aktive Unterstützung der Bevölkerung noch bitter angewiesen sein!

Georg Tullius, Weitersburg

 

 

Zum Fragebogen von Nadja Abd El Farrag, JF 31-32/07

Dubiose Zeitgenossen

Ich bin doch gar sehr verwundert, daß Sie solchen Knallchargen wie "Naddel" noch ein Forum zur Selbstdarstellung zur Verfügung stellen. Ich wäre sehr angetan davon, wenn Sie die Darstellung solch dubioser Zeitgenossen der Bild-Zeitung überlassen würden und die Seriosität Ihrer Zeitung damit nicht gefährden.

Detlef Gukumus, Kelkheim

 

 

Zum Schwerpunktthema "Schicksalstag 20. Juli 1944", JF 30/07

Abtrainierte Geisteshaltung

Vielen Dank für die Beilage zum hundertsten Jahrestag von Graf Stauffenberg. Das Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 wird in allen seinen Facetten wirklich umfassend und tiefgründig ausgeleuchtet.

Besonders der Beitrag von Doris Neujahr hat mich tief beeindruckt und zu weiterem Nachdenken angeregt, zeigt er doch, daß der 20. Juli 1944 weit mehr ist als ein historisches Datum. Er ist Ausdruck einer Geisteshaltung, die uns in unserer oberflächlichen Konsumwelt leider völlig fremd geworden oder - richtiger gesagt - von interessierter Seite geradezu abtrainiert worden ist. Vielen Politikern, die an diesem Tag einen Kranz niederlegen, ist Stauffenberg im Grunde doch völlig wesensfremd. Sie wissen zwar, wogegen er gekämpft hat - aber nicht wofür.

Rolf Bürgel, Darmstadt

 

Widerstand angebracht

Zunächst Einspruch gegen zwei Widersprüche: Einerseits reichen Sie allen Revisionisten die Hand, die beweisen, daß Hitler nicht die Alleinschuld am Zweiten Weltkrieg trug. Andererseits bauen Sie den deutschen Widerstand zum Mythos auf, obwohl Stauffenberg und seine weltfernen Kameraden Deutschland denjenigen Mächten wehrlos ausliefern wollten, die mindestens ebenso schwere Schuld am Kriegsausbruch auf sich geladen haben.

Nun sollen Ihrer Meinung nach sogar Hollywood und der Scientologe Tom Cruise das "Star-Potential" und den "Sex-Appeal" Stauffenbergs herauskitzeln, damit der deutsche Widerstand endlich aus der Ecke relativer Nichtbeachtung herauskommt, in der er bis heute steht, weil wir unsere Väter und Großväter, die ebenfalls ihr Letztes für die Rettung unseres Vaterlandes gaben, noch nicht vergessen haben. Amerika herbeizuzitieren, ist aber ein Schlag gegen den Mythos rund um Stefan George und die Brüder Stauffenberg, die einst gegen eine "Amerikanisierung" waren, weil sie von ihrem "geheimen Deutschland" aus Amerika als den "Widergeist zum Primären, Ursprünglichen" sahen.

Wir sind uns sicher einig, daß die stereotypen 20.-Juli-Feiern unsere politische Klasse lediglich gegen den Widerstand immunisieren sollen, der sich überall gegen den Abbau von Grundrechten und gegen Kriege im Namen von Freiheit, Demokratie und Kapitalismus regt. Gegen diesen Mißbrauch des deutschen Widerstandes ist jeder erdenkliche Widerstand angebracht. Davon hat Ihre Sonderbeilage leider nur abgelenkt.

Dr. Dirk Bavendamm, Reinbek

 

Political Correctness zum Fraß

Die Beilage zum 20. Juli hat eindrucksvoll abgedeckt, was zu diesem grauenhaften Tag zu sagen und zu beschreiben war. In meiner Familie war er einer des Entsetzens, ein ganz tiefer Einschnitt. Die Jagd auf vermeintliche und tatsächliche Gegner des Regimes setzte sofort gnadenlos ein, und Jäger schossen wie Pilze aus dem Boden. Obwohl ich noch sehr jung war, wird noch heute alljährlich die Stimmung im Elternhaus, die Sorge meines Vaters um viele ihm bekannte Gegner des Regimes wieder wach. Es war so, wie eben gesagt: Gestern noch freundschaftliche Ohren  waren heute feindliche.

"Deutschlands Rolle als heilig Herz der Völker" von Stefan Scheil offenbart auch die falsche Einschätzung der Westalliierten durch die Attentäter, was zutiefst erschütternd ist, weil zutage tritt, für wie ausgeschlossen sie die tatsächliche Planung für die Deutschen und deren Einstellung gehalten haben.

Solange aber Stefan Scheil mit seinen akribischen, mit allen notwendigen Dokumenten unterlegten "zeitgeschichtlichen Forschungen" in die rechtsradikale Ecke gestellt wird, ist es zwar der Wahrheit entsprechend, aber dennoch heikel, diesen Komplex zu beschreiben, weil man sie, die ihr Leben einsetzten und verloren, nur der Political Correctness zum Fraß vorwirft.

Es ist auch 63 Jahre nach dem 20. Juli 1944 in Deutschland noch eine Gratwanderung, die Gruppen um Stauffenberg, Tresckow und Moltke ohne Einseitigkeit zu würdigen, und das ist bitter.

Dietlinde Bonnlander, Imst/Tirol

 

Keine "Heiligen"

Je weiter zeitlich entfernt, desto aufdringlicher und verklärter wird den "noch uneinsichtigen" Zeitgenossen das schon geheiligte Ereignis des "20. Juli 1944" volkspädagogisch jedes Jahr aufs neue vorgesetzt.

Nachdem ich (Jahrgang 1945) das bewußt seit über fünfzig Jahren erlebe, sage ich ganz offen: Mir hängen die ganzen Gedenkorgien zum Halse heraus. Ich schalte nur noch ab. Und ich bin mir nicht sicher, ob man der - leider mißglückten - Tat und den durchaus nicht immer unumstrittenen Attentätern einen Gefallen damit tut.

Ich meine: Macht diese Leute nicht zu "Heiligen" oder "weißen Rittern" deutscher Geschichte, unantastbar und jeglicher Kritik enthoben. Sie haben ihre Verdienste ebenso wie mein Vater, der im April 1945 noch für Deutschland (nicht für den "Führer") gefallen ist - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ich wette, daß so mancher dieser Offiziere in der heutigen Bundeswehr mit seiner inneren Haltung ziemlich anecken würde!

Wilfried Tröder, Bonn

 

 

Zu: "Rabenmütter und Familienmanager" von Ellen Kositza, JF 30/07

Keine Rabenmutter

Bei dem Vogel, der zu diesem Bericht abgebildet ist, handelt es sich nicht um einen Raben, sondern um eine Amsel. Dieser Sachverhalt fällt selbst einem Nicht-Ornithologen auf.

Hans-Joachim Klein, Heusweiler-Dilsburg

 

 

Zu: "Nichts ist für die Ewigkeit bestimmt" von Karlheinz Weißmann, JF 30/07

Das Ziel, das in ihm selbst liegt

Die erziehungstheoretische Behauptung von Karlheinz Weißmann, daß Erziehung auf die Möglichkeit setze, den Menschen auf ein Ziel hinführen zu können, das nicht in ihm selber liegt, ist nach Auskunft der abendländischen pädagogischen Tradition falsch. Diese hat von Platon und Rousseau ihre beiden Fundamente erhalten, und John Dewey hat sie für uns mit Demokratie verbunden und anschaulich wie lebendig konkretisiert.

Es ist gerade das Merkmal von wahrer Erziehung, daß diese den Zögling zu dem Ziel führt, das in ihm selbst liegt und Gesellschaft oder Tugend im Sinne von ethischer Tüchtigkeit heißt. Dieses Ziel liegt in ihm, weil er ohne Gesellschaft nicht überlebensfähig ist und deshalb seiner natürlichen Anpassung zustimmte, wenn er denn diese vernünftige Fähigkeit schon ausgebildet hätte.

Doch nicht jede Gesellschaft ist gleichermaßen autorisiert, diesen Anpassungsprozeß pädagogisch zu determinieren, sondern nur die gute Gesellschaft, die mit dem Anspruch ihre pädagogische Verantwortung ausübt, die menschliche Natur auf bestmögliche Weise kulturell umzuformen. Andernfalls hat sie ihre Autorität verwirkt und darf Gehorsam, Folgsamkeit und Disziplin des zu Recht uneinsichtigen Zöglings nicht erzwingen. Vielmehr hat sich die schlechte Gesellschaft aufzugeben und zu überwinden.

 Karlheinz Weißmann kritisiert also bloß einen tumben hyperliberalistischen Rousseauismus, nicht jedoch Rousseaus Pädagogik der Freiheit, die die vernünftigen Elemente von Platons ursprünglicher Erziehungstheorie bewahrt, erst recht nicht die Pädagogik der liberalen Demokratie, die Platon und Rousseau gut hegelianisch aufhebt.

Dr. Berno Hoffmann, Berlin

 

 

Zu: "Die konservative Stimme darf nicht fehlen" von Hans Apel, JF 29/07

Gutmenschen statt Neonazis

Der ehemalige Bundesminister hat recht, wenn er sagt, daß das konservative Spektrum in unserem Land kaum vertreten ist. Er irrt aber gewaltig, wenn er, wie geschehen, sinngemäß behauptet, daß konservative Politik wegen der in Deutschland aktiven Neonazis unter "verlogenes politisches Dauerfeuer genommen" wird. Dieses Dauerfeuer ist nur möglich, weil umerzogene Gutmenschen sofort betroffen den Zeigefinger heben und auf die NS-Vergangenheit deuten, wenn konservative Themen  öffentlich diskutiert werden sollen. Und das, obwohl konservative  Politik und Neonazis soviel gemeinsam haben wie Stalin und die SPD.

Möglich ist dieser Meinungsterror nur, weil die Masse der Deutschen sofort abduckt. Man gibt es nicht gerne zu: Aber der 68er "Marsch durch die Institutionen" und somit die Eroberung der kompletten öffentlichen Meinungs- und Deutungshoheit ist erfolgreich abgeschlossen. Und genau das macht eine demokratische Rechte im Land kaputt, bevor sie stark werden kann - und nicht ein paar durchgeknallte Neonazis. Aber Gott sei Dank geht den 68ern der Nachwuchs aus.

Andreas Harlaß, Dresden

 

 

Zu: "Das Ende des Weißen Mannes", Interview mit Manfred Pohl, JF 29/07

Defätismus und Opportunismus

Bricht der Untergang einer Zivilisation wie eine Naturkatastrophe über sie herein, oder ist er zumindest teilweise selbstverschuldet? Pohl ähnelt einem spätrömischen Patrizier, der nach der "Integration" der Barbaren durch Verleihung der civitas (römische Bürgerrechte) den nahenden Untergang an die Wand malt und angesichts des Einmarsches Odoakers seine Hände in Unschuld wäscht.

Daß der Geschichtsprofessor Pohl an der Uni Frankfurt etwas anderes als systemkonforme Geschichte gelehrt haben soll, ist wohl ausgeschlossen. Ebenso unwahrscheinlich ist wohl, daß Pohl sich als Leiter des Institutes für Corporate Culture Affairs (ICCA) der Deutschen Bank der multikulturellen Heilslehre und der Zerstörung der kulturellen Identität Deutschlands widersetzt haben könnte.

Pohls Empfehlung an die Deutschen, sich wie Romulus Augustus mit dem Unausweichlichen abzufinden, wichtig sei ja nur das Überleben der deutschen Kultur, mit einem Wort: "Deutsche Kultur auch ohne Deutsche", ist Defätismus und Opportunismus in Reinkultur.

Robert Rozenboom, Sunshine Beach, Australien

 

 

Zu: "Eine plumpe Manipulation" von Thorsten Hinz, JF 28/07

Erinnerungskultur gab es nicht

Nicht alles, was über die DDR erzählt wird, ist wahr. So entsprechen die Bemerkungen von Herrn Hinz über den Umgang mit Friedhöfen so prinzipiell und allgemein nicht den Tatsachen. In Leipzig und Umland wurden bei der Erschließung von Baugelände und im Vorfeld der Braunkohlentagebaue umfangreiche und aufwendige Umbettungen vorgenommen.

Die Frage nach dem Antisemitismus in der DDR meint der Autor mit dem Hinweis auf die Literatur beantworten zu können. Dabei übersieht er allerdings, daß in den genannten Beispielen Juden stets im Kontext mit dem "antifaschistischen Kampf" gesehen wurden.

Der Antisemitismus in der DDR war ein passiver und bestand vor allem darin, die Geschichte und Kultur der Juden in Deutschland völlig aus dem Bewußtsein zu verdrängen. Das war um so leichter, als es bis auf einige wenige, sehr alte Menschen, eine jüdische Bevölkerung nicht mehr gab.

Die Herkunft repräsentativer Bauten  wie Schulen, Krankenhäuser, Altersheime wurde nicht thematisiert. Kaum jemand verband mit dem Namen Eitigon-Krankenhaus oder Krochsiedlung das Wissen, daß es sich um ein ehemals jüdisches Krankenhaus und ein Siedlungsprojekt eines jüdischen Bauherren gehandelt hat. Eine auch noch so bescheidene Erinnerungskultur gab es bis in die achtziger Jahre nicht. Erst eine Ausstellung: "Juden in Leipzig" änderte dies in einem bescheidenen Rahmen.

Beim Lesen des Artikels wird dem interessierten Leser übrigens nicht deutlich, in welche Richtung der Autor eigentlich schießt. Vermutlich aber doch sich in den eigenen Fuß.    

Rudolf König, Leipzig

 

 

Zu: "Wider die Blogwarte der PC" von Christian Dorn, JF 28/07

Nicht unbedingt zielführend

Problemfelder aufzuzeigen, die in vielen anderen Medien ausgeblendet werden, ist verdienstvoll. Die Art und Weise, wie obiges Internetforum damit umgeht, ist  jedoch nicht unbedingt zielführend. Hier wird ein Forum dargestellt, welches dazu einlädt, Haßgefühle im Sinne von Trieb-abfuhr zu entwickeln.

Darüber hinaus droht die Gefahr, die Dinge völlig undifferenziert zu sehen. Man schüttet das Kind mit dem Bade aus, wenn ein großer Vereinfacher wie George W. Bush, der wahrhaftig kein Menschheitsbeglücker ist und verantwortlich zeichnet für die Eskalation des Terrors, sowie Israel, welches ein gerüttelt Maß von Mitschuld an der Terroreskalation und Radikalisierung des Islam trägt, nun als Retter der westlichen Zivilisation aufgebaut werden.

Wenn man einen Hund sein ganzes Leben geschlagen hat, darf man sich nicht wundern, wenn er bissig wird. Umdenken kann man nicht nur von einer der Konfliktparteien verlangen. Ich wünsche der JF weiterhin eine ausgewogene und gleichzeitig nach jeder Richtung kritische Sichtweise.

Dr. Klaus Esrom, Bad Essen


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