© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/07 14. September 2007

Frisch gepresst

Gauleiter Koch. Nicht erst wegen des dramatischen Schlußakkords der östlichsten deutschen Provinz ragte die Person Erich Kochs aus der Schar der Gauleiter heraus. Selbst mit seiner Rolle als "Reichskommissar für die Ukraine", in der er einen unrühmlichen Beitrag brutaler und kurzsichtiger Besatzungspolitik leistete, kann die Prominenz dieses NS-Politikers aus der zweiten Reihe nicht unbedingt erklären. Daß sich nun der Historiker Ralf Meindl erstmals in einer Biographie dieser Figur näherte, hat denn wohl mehr damit zu tun, daß Koch den wenig sympathischen "Prototypen" eines NS-Funktionärs beispielhaft vertritt. Der aus dem Arbeitermilieu stammende Koch, 1896 im westfälischen Elberfeld geboren, spielte nach Krieg und Freikorpszeit schnell eine führende Rolle in der NSDAP, die ihn ab 1928 nach Ostpreußen "delegierte". Ab 1935 bekleidete der "politische" Führer in seinem "Mustergau" auch das Amt des Oberpräsidenten. Territoriale "Ergänzungen" Ostpreußens mit polnischen Gebieten ab 1939 und seine Rolle als Reichskommissar ließen ihm dann freie Bahn, ethnische Blut- und Boden-Pläne zu exekutieren (Ostpreußens Gauleiter. Erich Koch -eine politische Biographie. Fibre Verlag, Osna­brück 2007, broschiert, 575 Seiten, Abbildungen, 35 Euro).

 

Ostpreußens Ende. Keine deutsche Provinz war dem Furor des Krieges so lange ausgesetzt wie Ostpreußen. Bereits im Oktober 1944 - sieht man von vernichtenden Bombardierung der Hauptstadt Königsberg Ende August ab - fiel die Rote Armee in die östlichen Kreise ein. Die schrecklichen Bilder aus Nemmersdorf, wo die Sowjets grausame Übergriffe auf  Zivilisten verübten, sollten zum Fanal für das Schicksal Ostdeutschlands werden und einen Beitrag zur panikartigen Flucht nach Westen liefern, Evakuierungen gab es im Herbst 1944 nur im Memelland. Spätestens mit der sowjetischen Großoffensive im Januar 1945 sollten sich die bösesten Ahnungen erfüllen. Der durch Publikationen zum Thema Ostpreußen bekannte Heinz Schön, Überlebender der Gustloff-Katastrophe, hat nun das dortige letzte halbe Jahr - mit teils eigenwilliger historisch-politischer Pointierung - porträtiert, mit dem letztlich auch 700 Jahre deutsche Geschichte endeten. Neben seltenen, oft farbigen Fotos mutet der Verlag dem Leser auch entsetzliche Greuelbilder zu (Ostpreußen 1944/45 im Bild. Endkampf-Flucht-Vertreibung. Arndt Verlag, Kiel 2007, gebunden, 158 Seiten, Abbildungen, 25,95 Euro).


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen