© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/07 21. September 2007

LOCKERUNGSÜBUNGEN
Kriegserklärung
Karl Heinzen

Wolfgang Bosbach, seines Zeichens stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ist es gelungen, eine längst überfällige Debatte anzustoßen, obwohl er, wie er unterdessen beteuert, bloß falsch zitiert worden ist. Als Konsequenz aus der Festnahme von mutmaßlichen Bombenattentätern in spe sollten Konvertiten zum Islam, so wurde es zeitweilig als seine Forderung kolportiert, in einem Zentralregister erfaßt werden. Nun will er diese Präventivmaßnahme auf jene Personenkreise beschränkt wissen, die einer besonders radikalen Spielart des muslimischen Glaubens anhängen.

Eine überzeugende Antwort, wie man die gefährlichen von den vermeintlich harmlosen Anhängern des Propheten, Gott schütze und behüte ihn, unterscheiden könnte, blieb er naturgemäß schuldig. Das Kriterium, ob jemand eine Bildungsreise in eines jener ominösen Camps in Pakistan oder sonstwo unternommen hat, um sich dort in die praktische Seite des Dschihad einweihen zu lassen, dürfte kaum ausreichen. Es steht daher der Verdacht im Raum, daß auch Bosbach den Realitäten nicht ins Auge schauen will.

Dabei ist für jeden, der sich unvoreingenommen mit der Glaubenslehre, der Geschichte und der Gegenwart des Islam etwas tiefergehender auseinandersetzt, unbestreitbar, daß dieser in einem fundamentalen Gegensatz zu den Grundauffassungen der westlichen Gesellschaften steht. Islamisten verkörpern nicht eine Pervertierung des muslimischen Glaubens, sie sind vielmehr bloß so mutig, aus diesem auch für ihr Handeln die schlüssigen Konsequenzen abzuleiten.

Diese Problematik läßt sich allerdings, und dies ist es möglicherweise, was Bosbach daran hindert, seinen Gedankengang zu Ende zu denken, nicht auf den Islam und seine Jünger beschränken. Unsere westlichen Gesellschaften sind, soviel religiöser Firnis ihnen auch noch anhaften mag, durch und durch säkular geprägt. Religion ist strikte Privatsache und im öffentlichen Raum allein als erbauliche Folklore präsent. Sittliche Gebote und staatliche Gesetze sind Menschenwerke und daher dem Wandel unterworfen. Wer sich als Letztbegründung für irgendwelche Grundwerte oder Verfahrensregeln auf göttlichen Willen und nicht auf Diskurs und Konsens beruft, hat damit, ob er es will oder nicht, unserer Verfassungsordnung den Krieg erklärt.

Tröstlich ist, daß auch Muslimen der Weg in die Integra­tion keineswegs versperrt ist. Sie müssen sich nur am Vorbild der Christen orientieren und in ihrem Denken und ihrem Leben Abstand zu den Grundsätzen ihrer Religion gewinnen.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen