© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/07 28. September 2007

Kolumne
Islamisierung, Orientalisierung, Dhimmisierung
Rolf Stolz

Daß Europa sich einigen und zusammenwirken muß für gemeinsame Ziele, ist unumstritten. Daß das EU-Europa undemokratisch ist und seine Demokratiedefizite konsequent vergrößert, ebenfalls. Aber wie soll Europa verfaßt sein, wie soll es sich in der Welt positionieren, wer soll dazugehören?.

Mit dem Propagandaballon "EU-Verfassung" (852 Seiten!) bzw. der taktischen Variante "Verfassung, die nicht Verfassung heißt" verfolgt die Brüsseler Maschinerie die Absicht, statt einer freien Verbindung demokratischer Nationalstaaten einen undemokratischen antinationalen Zentralstaat zu errichten. Der soll einerseits als Hilfssheriff der Amerikaner auftreten, andererseits stark genug werden für eigene Feldzüge.

Gesellschaftlich wird unter den Phrasen von "Menschenrechten", "Reformen" usw. ein neoliberaler Manchesterkapitalismus angestrebt. Für das Bündnis mit petrodollarschweren Mullahs und Prinzen und für die Ausnutzung leicht dirigierbarer Helotenmassen setzt man auf die verschärfte Entchristlichung Europas, auf Islamisierung, Orientalisierung, Dhimmisierung. Zuwanderung und EU-Beitritt der Türkei (später Nordafrikas) sollen den Prozeß unumkehrbar machen. Ein Referendum, das 80 Prozent der Deutschen wollen, soll es nicht geben, obwohl heute bereits 84 Prozent unserer Gesetze aus Brüssel und nur 16 Prozent aus Berlin kommen.

Während in Amerika immerhin das "E pluribus unum" (aus vielen Eines) der Nationbildung gelang, weil im Schmelztiegel keine der Einwanderergemeinschaften ihre Eigenständigkeit auf Dauer bewahren konnte, scheitern in Europa die Versuche eines multinationalen Zentralstaats regelmäßig. Spanien zerfällt, es wird Katalonien und das Baskenland verlieren. Schottland löst sich von England. Frankreich bröckelt an den Rändern und wird nur stabilisiert durch die Abwehr von Versuchen, aus den Vorstädten rechtsfreie Staaten im Staate zu machen.

Als das ehrwürdige Österreich-Ungarn 1918 zerbrach, entstanden drei Mehrvölkerstaaten - die Sowjetunion, die Tschechoslowakei, Jugoslawien -, die kaum mehr als zwei Generationen Bestand hatten. Und da soll ein kontinentales Großprojekt wie die EU - ohne die Traditionen des k.u.k.-Reichs, ohne den messianischen Anschub der UdSSR, ohne das Charisma des Massenmörders Tito - bessere Aussichten haben?

 

Rolf Stolz war Mitbegründer der Grünen und lebt als Publizist in Köln.


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