© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/07 28. September 2007

Mit Schwung in die Fäulnis
Abschied von der Fraktur: Die FAZ paßt sich mit einem neuen Erscheinungsbild dem herrschenden Zeitgeist weiter an
Thorsten Thaler

Folgender Dialog zwischen einem führenden Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und einem enttäuschten FAZ-Leser ist elektronisch dokumentiert. Der Leser: "Mensch, ihr werdet der übrigen Zeitungstruppe ja immer ähnlicher. Rasanter Niveauverlust, Political Correctness, sich niedlich machen, beflissenes Antifa-Gequatsche. Alles kommt herunter, alles verfault." Der Redakteur: "Das stimmt, aber du mußt zugeben, daß wir langsamer verfaulen."

Jetzt hat die FAZ-Fäulnis immerhin schon das Layout ihrer Seite eins erreicht. Ab nächsten Freitag ist Schluß mit den traditionsreichen Fraktur-Überschriften über den Kommentaren, mit den bedachtsamen Linien zwischen den Spalten, mit der bisher dandyhaft durchgehaltenen Bilderlosigkeit, die der Sprache so prononciert den Vorrang gab. Ein großes fettes Bild in Farbe wird nun jede Titelseite der FAZ schmücken, wie bei den übrigen Zeitungen auch.

Daß das Blatt damit neue Kunden gewinnen und verlorene Auflage wieder wettmachen könnte, darf freilich bezweifelt werden. Die Wetten stehen neunzig zu zehn dagegen. Denn das Problem der FAZ liegt nicht im Layout, sondern im Inhalt, genauer: in ihrer immer deutlicher wahrnehmbaren Inhaltlosigkeit. Ihr einst verbundene Leser fühlen sich von ihr im Stich gelassen, umworbene neue Leser sehen keinen Grund, das Blatt zu kaufen, da es doch nur nachplappert, was der herrschende linke Medienverbund längst vorgegeben hat.

Die FAZ ist nicht nur kein Trendsetter mehr, sondern auch keine Instanz für klares Benennen und Beschreiben der Dinge, wie sie wirklich sind. Die Feigheit vor dem "Zeitgeist" hat sich tief in ihre Sprache hineingefressen, alles wird in ihren Artikeln verwischt, verschmiert, gegebenenfalls ins Gegenteil verkehrt. Man kann sich nicht mehr auf sie verlassen. Nicht nur Martin Walser, der statt eines vereinbarten Vorabdrucks seines Romans "Tod eines Kritikers" einen bellenden Haßkommentar von Frank Schirrmacher erntete, kann ein garstig Lied davon singen.

Anpassung an den linken Medienbetrieb, Verwischung der Tatsachen,  Unzuverlässigkeit, Skandalhuberei - dergleichen läßt sich nicht einfach durch ein neues Layout aus der Welt schaffen. Rückkehr zu guter journalistischer Tradition wäre nötig.


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