© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/07 19. Oktober 2007

Kolumne
Der Euro zeigt erste Risse
Bruno Bandulet

In Deutschland haben sich die Bürger mehr oder weniger an den Euro gewöhnt; in den Devisenreserven der internationalen Notenbanken rangiert er komfortabel auf Platz zwei nach dem Dollar; China, Rußland und andere Staaten außerhalb des amerikanischen Einflußgebietes sind dankbar für eine Alternative zur US-Währung; vor allem aber glänzt die Einheitswährung an den Devisenmärkten.

Dennoch wäre es voreilig, anzunehmen, der Euro sei über den Berg. Zum einen dürfen die Avancen gegenüber dem Dollar nicht überbewertet werden. Beide sind ungedeckte Papierwährungen und damit nur relative Größen. Daß der Dollar krank ist, macht den Euro noch lange nicht zu einer gesunden, belastbaren Währung. Und irgendwann nach einem finalen Ausverkauf (vielleicht 2008) könnte der Dollar auch wieder zulegen - sobald die amerikanischen Verbraucher mehr sparen und das US-Leistungsbilanzdefizit zu schrumpfen beginnt.

Schon jetzt bauen sich im Euro-System innere Spannungen und Verzerrungen auf. Seit Jahren steigen die Preise in Südeuropa schneller als in Deutschland und seinen Nachbarländern - ein fataler Inflationsvorsprung, der ständig größer wird und der die Konkurrenzfähigkeit dieser Volkswirtschaften schädigt. Zum spanischen Kreditboom und der dortigen Immobilienblase kommt ein Leistungsbilanzdefizit, das selbst das amerikanische übersteigt. Insgesamt wäre die Leistungsbilanz von Euro-Land kräftig in den roten Zahlen, würden die Defizite derjenigen Mitglieder, die über ihre Verhältnisse leben, nicht durch die enormen deutschen Exportüberschüsse ausgeglichen. Deutschland exportiert und exportiert, hat aber nichts davon. Wegen des Euro, so urteilt Wilhelm Hankel in seinem neuen Buch, kommen die deutschen Exporterfolge nicht mehr unserer Binnenwirtschaft zugute.

Selbst zwischen Frankreich und Deutschland wachsen die Differenzen. Paris macht unbekümmert Schulden, hat Mühe mit dem Export und wünscht - im Gegensatz zu Berlin - einen schwächeren Euro. Das ist die alte französische Abwertungsmentalität. Damit gerät die Europäische Zentralbank, die bisher größere Fehler vermeiden konnte, in eine schwierige Situation. Denn laut Maastrichter Vertrag liegt die Wechselkurspolitik - also der Außenwert des Euro - nicht in ihrer Kompetenz.

Die ersten, feinen Risse in der Währungsunion werden sichtbar. Bisher blieb dem Euro-System eine wirkliche Krise erspart. Sie steht noch bevor.

 

Dr. Bruno Bandulet ist Herausgeber des DeutschlandBriefes und des Finanzdienstes G&M.


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