© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/07 19. Oktober 2007

Leserbriefe

Zu Eva Hermans Auftritt bei Johannes B. Kerner im ZDF am 9. Oktober 2007 (siehe diese Ausgabe)

Nur noch ein kleiner Schritt

Was ich in der Talk-Sendung "Kerner" gesehen habe, erschreckt mich aufgrund überwunden geglaubter Erfahrungen. 1986 sollte ich in der DDR der staatsfeindlichen Hetze überführt werden. In den Stasi-Verhören ging es genauso zu wie in der Sendung. Immer und immer wieder wurden mir die Worte im Mund verdreht.

Auch erinnerte mich die Sendung in alptraumhafter Weise an die Hexenjagden, die von den Fünfzigern bis in die achtziger Jahre an der Leipziger Fakultät für Journalismus üblich waren. Regelmäßig wurden dort junge Journalisten an den Pranger gestellt, um sie durch haltlose Vorwürfe nach dem Prinzip Stalinscher Schauprozesse seelisch und moralisch zu zerbrechen. Ich weiß nicht, wie viele Menschen auf diese Weise kaputtgemacht wurden. Ich weiß nur, daß sehr viele, die sich an den damaligen Hexenjagden aktiv beteiligten, heute im öffentlich-rechtlichen Bereich Positionen bekleiden.

Auch erkenne ich einen Widerspruch darin, die Knebelung der Medien im heutigen Rußland anzuprangern und gleichzeitig in Deutschland mißliebige Journalisten öffentlich zu brandmarken. Ich sage damit noch gar nichts zu den Positionen. Ich betrachte nur die Verfahrensweise. Von dieser Sendung bis zur öffentlichen Hexenverbrennung ist es nur noch ein kleiner Schritt. 

Andreas Gericke, Berlin

 

Eine gegenteilige Reaktion

Mit Entsetzen habe ich einen Teil der Kerner-Show verfolgt und hatte dabei den Eindruck, Frau Herman wurde dorthin nur eingeladen, um sie vollständig vor der Öffentlichkeit fertigzumachen.

Der Werteverfall, wie er heute herrscht, wurde von Frau Herman angeprangert, ebenso der dramatische Geburtenrückgang mit der Gefahr, daß wir aussterben. Diese Entwicklung führt Frau Herman richtigerweise, wie ich meine, auf die 68er-"Revolution" zurück. Ein Lösungsvorschlag von Frau Herman, Familien finanziell zu entlasten und zu fördern, vor allem Alleinerziehende, damit sie ihre Kinder ohne finanziellen Druck großziehen können, fand unter den geladenen Gästen kein Gehör.

Als Frau Herman äußerte, die Demokratie sei in großer Gefahr durch die gleichgeschalteten Massenmedien, gab es einen Aufschrei unter den Gästen und durch den Moderator. Und nachdem sie sagte, daß man nicht über deutsche Geschichte reden dürfe, ohne sich dabei zu gefährden, wurde sie vom Gastgeber aus der Sendung entlassen.

Mein Glauben an die "Demokratie" hielt sich schon vor dieser Sendung in Grenzen. Jetzt ist er gänzlich verschwunden. Ich habe Angst um die Zukunft unseres Landes. Wie soll die Zukunft aussehen, wenn es verboten ist, Tugenden aus der Vergangenheit, die Deutschland einzigartig auf der Welt gemacht haben, in die Zukunft zu tragen? Es ist unerträglich, täglich diese Nestbeschmutzer (um es vorsichtig auszudrücken) sehen und hören zu müssen. Meine Hoffnung ist, daß durch die Behandlung von Frau Herman eine gegenteilige Reaktion im Volk ausgelöst wird.

Stefan Amann, Klein Labenz

 

Einschränkungslos alles

Nun versuchte auch die NPD, die von der medialen Hatz gebeutelte Eva Herman für sich zu vereinnahmen. Schlimmer konnte es in diesem vorläufig letzten Akt einer öffentlichen Strafaktion kaum kommen. Der falsche Zungenschlag einer ungeübten, ahnungslosen Selbstinterpretin in Sachen Political Correctness hat prompt den Entrüstungssturm der politischen Tugendwächter entfacht und die Antifa-Keule auf das Haupt der Autorin niedergehen lassen. Das ging sogar der FAZ zu weit, die die Vermutung äußerte, daß großen Teilen der Bevölkerung der Glaube an die Meinungsfreiheit abhanden gekommen sei. Es war wieder einmal ein Lehrstück dafür, daß einschränkungslos alles im "Dritten Reich" schlecht und verbrecherisch war, wohl damit auch die Pünktlichkeit der damaligen Reichsbahn.

Hans-Alfred Berger, Bad Bramstedt

 

 

Zu: "Blackout in Straßburg" von Dieter Stein, JF 41/07

Politisch korrekt?

Folgt die JUNGE FREIHEIT jetzt der Politischen Korrektheit, wenn sie Mölzers Aktivität zur Zusammenarbeit rechter Parteien in Brüssel als schwerwiegendes Vergehen ansieht und deshalb die Zusammenarbeit kündigt? Stein des Anstoßes ist wohl die Einbeziehung der rechtsextremen NPD. Diese Partei ist weder verboten, noch verstößt ihr Parteiprogramm gegen unser Grundgesetz. Wie der mißlungene Versuch eines Verbots dieser Partei bewiesen hat, gibt es gegen die NPD keine berechtigten Anklagepunkte. Eine Demokratie beruht auf den Grundrechten, die auch die Existenz unliebsamer Parteien ertragen muß. Eiferer und Radikale gibt es in allen Parteien, die nicht mit Verboten, sondern mit Argumenten bekämpft werden sollten.

Dr. Günther Riedel, Heidelberg

 

Ein Zeichen gesetzt

Die Entscheidung der JUNGEN FREIHEIT, sich gegen die Vereinnahmung durch die NPD zu wehren, ist völlig richtig. Der extremen Linken wie der extremen Rechten ist daran gelegen, die Unterschiede zwischen rechtskonservativ und rechtsextrem zu verwischen. Während die eine Seite aufgrund von Machtinteressen versucht, den "Kampf gegen Rechts" auf nationale Konservative auszudehnen, will die andere Seite die Konservativen in eine nationalistische "Volksfront" zwingen, um die Basis ihrer Außenseiter-Ideologie zu verbreitern. Die JUNGE FREIHEIT hat ein Zeichen gesetzt, daß sie dieses Spiel nicht mitmacht und unabhängig bleibt. Dafür gebührt ihr großer Respekt.

Thomas Paulwitz, Gremsdorf

 

Es bleibt zu hoffen

Als ehemaliger Linker bin ich unter anderem wegen der ideologisch erstarrten Diskursunfähigkeit meiner alten Gesinnungsgenossen zum JF-Leser konvertiert. Man findet heute bei der politischen Rechten einen erheblich offeneren und freieren Dialog als bei den selbsternannten Apologeten des verordneten Antifaschismus. Wo schon drei falsche Worte oder das persönliche Gespräch mit einer Persona non grata ausreichen, um Ehre und Existenz zu verlieren, da stirbt jede Freiheit. Am Ende war es unser vor Moral platzender Zeitgeist, welcher meinem Weltbild zunächst immer tiefere Haarrisse versetzte, um es schließlich ganz in Scherben fallen zu lassen.

Gerade deshalb bleibt es mir unbegreiflich, wie die langjährige Kooperation mit dem österreichischen Schwesterblatt Zur Zeit durch einen Federstrich beiseite geschoben werden kann. Auch mir steigt das kalte Grausen in den Nacken, wenn ich sehe, wie die NPD freie Kameraden wie Christian Worch in ihren Reihen willkommen heißt.

Aber ob es uns nun paßt oder nicht: Die Nationaldemokraten sind keine Null-Komma-Partei mehr, sondern die erfolgreichste Kraft im rechten Spektrum geworden, die zudem auf ihren Veranstaltungen betont diszipliniert und friedlich auftritt. Auch die Grünen haben Wurzelstränge in eine sozialrevolutionäre und nicht selten militante Vergangenheit. Dort hat sich die fundamentalistische Spreu vom demokratischen Weizen getrennt, wobei dieser Selbstreinigungsprozeß eindeutig auf das Konto kritischer Einbindung und nicht pauschaler Ausgrenzung ging.

Wenn es nicht einmal mehr möglich ist, ein informelles Gespräch zu führen, ohne selbst von langjährigen Freunden in Acht und Bann geschlagen zu werden, dann ist das der Anfang vom Ende. Man kann und muß grundverschiedener Meinung sein, was den Umgang mit dieser Partei angeht. Hier aber wurde nicht im freien Geiste debattiert, sondern exakt jener hysterische Abgrenzungsfetischismus kopiert, mit welchem die JUNGE FREIHEIT von der politisch-medialen Elite seit Jahr und Tag konfrontiert wird.

Man könnte sich die Haare raufen: Die Ausgegrenzten grenzen Ausgegrenzte aus, weil diese nicht bereit sind, andere Ausgegrenzte auszugrenzen. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man sich an Monty Pythons "Das Leben des Brian" erinnert fühlen. Es bleibt zu hoffen, daß die JUNGE FREIHEIT diesen Schritt noch einmal in Ruhe überdenkt, zumal ihr das kein einziger ihrer zahlreichen Feinde in Politik und Medien danken wird.

Christian Erkelenz, Berlin

 

Menschenrechtlicher Konsens

Gleich sechs gewichtige Artikel zum Treffen rechter und nationaler Parteien mit NPD-Vertretern - und keiner zuviel! Eine gute Gelegenheit für die JF, noch einmal deutlich zu machen, daß nicht etwa nur taktische oder strategische Zweckmäßigkeitsüberlegungen jeglichen Kontakt zu einer Partei ausschließen, die mit dem nationalsozialistischen System sympathisiert, sondern vielmehr der einfache menschliche Anstand und der moralische menschenrechtliche Konsens.

Edgar Guhde, Düsseldorf

 

 

Zum Schwerpunktthema: "Bildung im Schlußverkauf", JF 41/07

Woher das Abitur?

Wie begrüßenswert und notwendig, daß sich die JF des Dilemmas des politisch gesteuerten, beschämenden Rückgangs der akademischen Qualität an unseren Universitäten und Hochschulen annimmt. Als promovierte Physikerin von der anspruchsvollen Hamburger Universität 1966 nach Aachen an die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) wechselnd, erschrak ich bereits damals angesichts der gängigen Überbewertung oft mittelmäßiger Diplom-Arbeiten.

War ich von meiner Hamburger Ausbildung her gewohnt, daß nur selten und dann wirklich herausragende Arbeiten mit 1,0 bewertet wurden, erlebte ich in Aachen eine unkritische Nivellierung nach oben. Kaum ein Diplomand wurde in seiner überzogenen Erwartung enttäuscht, seine Abschlußarbeit mit der besten Note belohnt zu sehen. Damit begaben sich die Lehrenden und Beurteilenden der Chance, die tatsächlich exzellenten Arbeiten entsprechend herauszuheben und zu bewerten.

Daß der Niedergang in der verlangten akademischen Qualität fortschritt, erfuhr ich drastisch nach meiner Habilitation. Von einem angesehenen Kollegen gebeten, ihn in der Vorlesung "Physik für Biologen" zu vertreten, bat ich um Einsicht in sein sorgfältig ausgearbeitetes Vorlesungs-Manuskript. Welch ein Schock. Statt mit Physik startete das Semesterprogramm mit Rechnen - "Mathematik" wäre als Bezeichnung zu hoch gegriffen. Die Hörer, Lehramtskandidaten der Sekundarstufe II, sollten zunächst im Bruchrechnen mit Exponenten fit gemacht werden. Das Desinteresse der Studenten war erschreckend; ihre Rechenkünste entsprachen bestenfalls der Mittelstufe einer mittelmäßigen Oberschule.

Wo nur hatten diese jungen Menschen das Abitur bestanden? Kaum einer von ihnen erreichte das geforderte Ziel der Übungen. Und von den wenigen Erfolgreichen holte lediglich ein geringer Prozentsatz den Übungsschein ab, obwohl diese Vorlesung Pflicht war. Um die bemitleidenswerten Studenten nicht zu entmutigen, wurde daraufhin "Physik für Biologen" zum Wahlfach degradiert. Die Vorstellung, daß die derart weichgespülten Lehramtskandidaten später unsere Jugend unterrichten sollten, ließ mein Engagement auf Null zurückgehen. Eine nochmalige Vorlesungsvertretung lehnte ich ab. 

Prof. Dr. Gabi Köpp, Berlin

 

Akademische Inflationsopfer

Mit nichts läßt sich in der deutschen Politik leichter reüssieren als mit dem hohlen Versprechen von Hochschulbildung für dreißig, ja vierzig und mehr Prozent einer Alterskohorte. Leider hat sich auch ein großer Teil der Hochschullehrerschaft von diesem Populismus einnehmen - wenn nicht mieten - lassen.

Dabei weisen Professoren, welche in anspruchsvollen Fächern die Last dieser Massenabfertigung ausbaden müssen, schon seit langem auf die vielfach indiskutablen Qualifikationen im Ein- und Ausgang von deutschen Universitäten hin. Schon heute ist das Gros der deutschen Jung-Betriebswirte heilfroh, Stellen zu bekommen, auf deren Profil die Fähigkeiten von höheren kaufmännischen Angestellten ebensogut passen würden. Und daß die Wertschöpfung vieler Produktionsunternehmen von den besten Werkzeugmachern, Technikern und Meistern stärker determiniert wird als von mittelmäßigen Ingenieuren, ist unter Praktikern auch ein offenes Geheimnis.

Da solches aber im Bildungssystem der Bundesrepublik nur um den Preis persönlicher Nachteile geäußert werden kann, bleibt zu hoffen, daß den deutschen Schulen und Hochschulen einmal so etwas wie eine Produzentenhaftung für die Qualität ihrer Absolventen ins Haus stehen wird. Die an Bildungsillusionen interessierten Kreise verweigern natürlich auch die Antwort auf die naheliegende Frage, ob jenes Heer akademischer Inflationsopfer nicht etwa mit der parallel angewachsenen Zahl leistungsentfremdeter Lehrer und provinziell aufgestellter Professoren korreliert. 

Dr. Elmar Schmidt, Bad Schönborn

 

Nicht nur "Häuptlinge"

Ihren Ausführungen kann ich nur zustimmen, wobei ich aber der Meinung bin, daß die DDR-Führung - wenn man von der Begünstigung der Parteigänger mit Abitur und akademischen Leistungszeugnissen absieht - mehr darauf geachtet hat, vor allem naturwissenschaftliche Begabte zu fördern, allein schon durch Spezialgymnasien. Dort wurde auch auf die Förderung von guten naturwissenschaftlichen Studenten mit Stipendien, Wohnungen, Kinderkrippen in genetischer Sicht geachtet. Berufsausbildung mit Abitur war für die politisch unzuverlässigen Bürgerlichen eine Chance, die sie vor 1989/90 gut nutzten.

Bildung sollte auch immer an den Lebenserwerb in einem passenden Beruf und die Möglichkeit zu Eheschließung und Kindern denken. "Abitur für alle" ist der falsche Weg zu einer Lebenserfüllung mit Allgemeinbildung. Wir brauchen nicht nur "Denker", sondern auch "tüchtige" gut ausgebildete Facharbeiter und Angestellte: nicht nur "Häuptlinge", sondern auch "gute Indianer"!

Als Berufsschullehrer vermisse ich bei Ihnen einen Hinweis auf das leider heute vernachlässigte "duale Berufsbildungssystem" als tragenden Mittelbau einer Industriegesellschaft. Unser Bildungssystem wird schon dadurch für unsere Wohlstands- und Wissensgesellschaft sinnlos, weil die Eltern tüchtiger Kinder immer weniger Nachwuchs haben und umgekehrt. Der Staat denkt nicht daran, Eltern von begabten Kindern ohne Sozialprüfung Förderung zu versprechen und sie dadurch zu mehr Kindern zu ermuntern. Mit den neuen Studiengebühren erreicht man das genaue Gegenteil.

Georg K. Schmelzle, Norden/Ostfriesland

 

 

Zu: "Mit Schwung in die Fäulnis" von Thorsten Thaler, JF 40/07

Ein Stück ärmer geworden

Wie recht Sie haben: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat schon längst den Pfad der "guten journalistischen Tradition" verlassen. Und die angekündigte Umstellung des Layouts fiel schlimmer aus, als man es sich vorstellen konnte. Die Verwendung anderer Schriftarten, die Bebilderung der ersten Seite und die veränderte Aufteilung der Seiten haben die FAZ zu einer anderen Zeitung werden lassen. Sie fällt damit zurück auf das Niveau einer überregionalen Tageszeitung, einer besseren Frankfurter Illustrierten.

Der Tag der Umstellung, der 5. Oktober 2007, ist nicht nur für den Leser, sondern auch für den gesamten deutschen Journalismus zu einem "schwarzen Freitag" geworden. Mit dem neuen Erscheinungsbild wurde unweigerlich das Ende der alten, ehrwürdigen FAZ eingeläutet. Dies wird nicht nur eine nachhaltige Wirkung auf die deutsche Presselandschaft haben. Durch die Mißachtung der Regeln von Unabhängigkeit und Kontinuität verliert die FAZ ihren supranationalen Charakter und somit auch ihre internationale Reputation. Deutschland ist wieder ein Stück ärmer geworden.

Arno P. Müller, Bad Rodach

 

 

Zu: "Volkspartei ohne Volk", Interview mit Konrad Adam, JF 40/07

Gleich auf eine Diktatur freuen

Der Interviewpartner macht den Eindruck eines fatalistisch Biegsamen mit wechselnden Standpunkten. Seine Auffassung von Demokratie, daß eine Wahl nicht primär die Aufgabe habe, den Volkswillen möglichst getreu in Regierung und Parlament abzubilden, sondern die, einer handlungsfähigen Regierung ins Amt zu helfen, ist zumindest sonderbar. Da können wir uns ja gleich auf eine Diktatur freuen (wie sie in Brüssel vorbereitet wird) - die ist bestimmt handlungsfähiger als eine von Kaiser Wilhelm II. verächtlich so bezeichnete "parlamentarische Quasselbude".

Eberhard Koenig, Baiern


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