© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/07 26. Oktober 2007

Zivilgesellschaft
von Doris Neujahr

Die Kündigung von NPD-Konten unter dem Druck und Gefeixe der Medien ist ein Skandal! Einer legalen Partei die Bankverbindungen zu entziehen, kommt effektiv ihrem Verbot gleich. Das Argument, es handle sich um private Entscheidungen, sticht nicht. Auch die 99,9prozentigen Wahlergebnisse in der DDR beruhten formal auf privaten Entschlüssen. Wie die zustande kamen, ist bekannt. Damals vollzog die Stasi die Isolierung und Zersetzung von "Staatsfeinden" heimlich. Heute betreiben die Medien sie öffentlich.

Nun wurden zwei NPD-Politikern in Dresden die Hotelbetten gekündigt. Wenn das so weitergeht, werden bald Laden- und Restaurantbesitzer, Vermieter und Ärzte sich der Frage ausgesetzt sehen, wie lange sie im "Kampf gegen Rechts" hinter den Hotelbetreibern eigentlich zurückstehen wollen. In einem Gedicht von Alfred Andersch heißt es: "ein volk von ex-nazis und ihren mitläufern betreibt schon wieder seinen lieblingssport / die hetzjagd". Andersch protestierte damit gegen die Berufsverbote für Kommunisten. Gegen "Rechte" gilt dieses Verfahren heute als Selbstverständlichkeit. Die Zivilgesellschaft perfektioniert, was dem NS-Staat und der DDR unterstellt wird: Sie seien formierte (Volks-)Gemeinschaften gewesen, wo individuelles, opportunistisches Eiferertum die Intentionen des Regimes realisierte. Anders als die heutigen Mitläufer hatten die früheren wenigstens Gewissensbisse.

Die Annahme einer totalitären Metamorphose unseres politischen Systems ist so abwegig nicht.


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