© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/07 26. Oktober 2007

Christoph Blocher
Der Sieger
von Frank Liebermann

Nicht oft schaffen es Schweizer auf die ersten Seiten der internationalen Presse. Einem aber gelingt es regelmäßig: Christoph Blocher. Der SVP-Wahlsieger vom Sonntag, der vom Spiegel ("Der Polterer vom Zürichsee") als eine Mischung aus Maggie Thatcher und Franz Josef Strauß charakterisiert wird, polarisiert  nicht nur in der Schweiz. International erregte Blocher 1992 erstmals Aufmerksamkeit, als er die Schweizer gegen einen EU-Beitritt mobilisierte und das Vorhaben in einer Volksabstimmung zum Scheitern brachte.

Dagegen waren die Parlamentswahlkämpfe in dem notorisch friedlichen Alpenreich bisher von einer unnachahmlichen Langeweile geprägt. Doch dieses Jahr war alles anders: Mit schwarzen Schafen, die vom weißen Geißbock "Zottel" aus einer Wiese - stellvertretend für die Schweiz - gekickt wurden, machte die Schweizer Volkspartei (SVP) sogar im Internet offensiven Wahlkampf (JF berichtete). Konsequent thematisierte ihre Galionsfigur, Justizminister Blocher, die überproportionale Gewaltkriminalität von ausländischen Jugendlichen, Steuerverschwendung und Sozialhilfemißbrauch von Asylbewerbern. Daß der Populismusvorwurf nicht ausbleibt, ist selbstverständlich.

Blocher wurde 1940 als Sohn eines Pfarrers in Schaffhausen geboren. Als siebtes von elf Kindern absolvierte er eine landwirtschaftliche Lehre, studierte Jura, schloß mit Promotion ab und trat 1969 in die Rechtsabteilung der Ems-Chemie ein, wo er sich bereits 1972 zum Vorsitzenden der Direktion hocharbeiten konnte. 1983 übernahm er die Aktienmehrheit und formte aus dem mittelständischen Unternehmen einen milliardenschweren Konzern. Als Blocher 2003 in die Regierung gewählt wurde, gab er die Aktienmehrheit ab.

Auch in die Politik stieg er schon früh ein. 1974 wurde er Gemeinderat, 1979 Nationalrat, also Parlamentsabgeordneter. Konsequent versuchte er die SVP weg vom bäuerlichen Image hin zu einer konservativen Partei mit neoliberaler Wirtschaftspolitik zu führen. Vor allem seine Fähigkeiten als Redner brachten die Partei nach vorne. 1975 hatte die Partei noch unter zehn Prozent der Stimmen, 2003 war sie mit 26,7 Prozent die stärkste Kraft im Schweizer Vierparteiensystem und sprengte gar die fast fünfzig Jahre bestehende sogenannte Schweizer "Zauberformel", nach der die sieben Kabinettsposten nach Proporz unter den Parteien verteilt wurden: Statt wie bisher eins erhielt die SVP zwei Ministerien.

Obwohl die Medien seit jeher massiv Stimmung gegen seine Partei machten, konnte die SVP am Sonntag noch einmal an Stimmen zulegen: Mit 29 Prozent ist sie erneut der klare Sieger der Nationalratswahlen. Die Erklärung dafür ist, daß es Blocher gelungen ist, die politische Kultur zu revolutionieren, die in einer völlig verkrusteten Kompromiß-, Konsens- und Postenschachermentalität erstarrt war. Seit seinem Regierungsantritt wird dagegen Bürokratie, Staatsverschwendung und Kungelei öffentlich gegeißelt. Und das ist der eigentliche Sieg des Christoph Blocher.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen