© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/07 02. November 2007

Meldungen

Krasses fiskalisches Staatsversagen

BERLIN. In erstaunlichem Gegensatz zu ihrer Alltagserfahrung, interessiert sich die Mehrheit der Deutschen nicht für "Wirtschaft". Und schon gar nicht für so abschreckende Themen wie Steuern und Finanzen. Wie der Wirtschaftswissenschaftler Markus C. Kerber (TU Berlin) in einem allerdings auch eher Fachleuten verständlichen Aufsatz darlegt (Der Staat, 2/07), kommt diese Gleichgültigkeit der politischen Klasse sehr zupaß. Gegenstand von Kerbers Studie ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Oktober 2006, die sich mit der verantwortungslosen Haushaltspolitik des Berliner Senats befaßt, die das Land in eine "extreme Haushaltsnotlage" gebracht hat. Abgesehen von komplizierten verfassungsrechtlichen Kompetenzfragen und Betrachtungen über eine fehlende Rahmengesetzgebung für das Haushaltsrecht zwischen Bund und Ländern, werfen Kerbers Erörterungen niederschmetternde Streiflichter auf die Leichtfertigkeit der politischen Klasse im Umgang mit Steuergeldern. Mit "Inbrunst und nachhaltiger Einsichtslosigkeit" verteidigten Berliner Landespolitiker die haftungsrechtliche Fehlkonstruktion der Bankgesellschaft, wo sich "krasses fiskalisches Staatsversagen" offenbare, dessen milliardenschwere Auswirkungen 2002 den gesamten Etat Berlins gefährdeten. Hinzu kämen "Großzügigkeiten", die das Land seinen Beamten zukommen lasse. Als besonderer Skandal springe dabei die Frühpensionierungspolitik und Überversorgung ins Auge, die schon 1999 über 900 Millionen Euro verschlungen habe. Und allein aus politischen Gründen werde die "personelle Überbesetzung der Berliner Verkehrsbetriebe" geduldet, "zu Tarifen, die ihresgleichen suchen".

 

Ökologie: Fangstopp für Küstengewässer

ZIEMETSHAUSEN. Die täglich an ihrem Profil als "Umweltkanzlerin" arbeitende Angela Merkel (CDU) nutzt die aktuelle Klimadebatte, um die Zukunft unseres Planeten in dunkelsten Farben zu malen. Gleichwohl wirkt sie noch wie eine Optimistin, mustert man die naturwissenschaftliche Zeitschriftenlandschaft der letzten Monate. Als gesunkenes Kulturgut hat sich diese Katastrophenstimmung inzwischen sogar in den Publikationen der Umwelt- und Tierschutzverbände niedergeschlagen. So provoziert Mensch und Tier (3/07) - neben einem kleinen, ein Projekt zum Schutz des Orang-Utans betreffenden Hoffnungsschimmer - des Lesers Entsetzen mit einer Reportage über den ökologischen Kahlschlag der Weltmeere. 75 Prozent der weltweit gehandelten Fischarten seien im Bestand bedroht. Die technisch perfektionierten Fangflotten haben die Meere inzwischen soweit geplündert, daß die gähnende Leere der blauen Tiefen die Existenzgrundlage von Fischerei und Fischindustrie vernichtet. Nachdem 1992 die Kabeljaubestände vor Neufundland zusammengebrochen sind, haben 40.000 kanadische Fischer ihren Arbeitsplatz verloren. Folge man fischereibiologischen Expertisen, müsse man dieses Schicksal auch für die Nord- und Ostseefischer in Aussicht stellen. Denn in den ausgebeuteten deutschen Küstengewässern "dürfte gar nicht mehr gefischt werden". Nach dem dringend notwendigen "sofortigen" Fangstopp sei an eine "Umwidmung der Schiffe zu touristischer Nutzung" zu denken.

 

Erste Sätze

Seitdem der Betrug von Versailles die Versprechungen unserer Gegner als falsch und ihre demokratischen Grundsätze als hohl erwiesen hat, besteht in Deutschland ein tief wurzelndes Mißtrauen auch gegen den Völkerbund.

Bernhard W. von Bülow: Der Versailler Völkerbund. Eine vorläufige Bilanz, Berlin/Stuttgart 1923


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