© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/07 09. November 2007

Zeitschriftenkritik: The Intercollegiate Review
Wasser im gepriesenen Wein
Herbert Ammon

The Intercollegiate Review ist die halbjährlich erscheinende Zeitschrift des Intercollegiate Studies Institute (ISI), einer der konservativen Denkfabriken in den USA. Ihr Herausgeber Mark C. Henrie und einige Mitglieder des Beirats, darunter der Historiker John Lukacs sowie der Philosoph Thomas Molnar, sind den Paläokonservativen zuzurechnen. Ihr katholisch eingefärbter Wertekonservativismus unterscheidet sie von den interventionistischen Neokonservativen.

Wer aufgrund der Ausrichtung an alteuropäischen Denktraditionen einen global geweiteten Blick erwartet hätte, sieht sich bei der Lektüre der beiden Hefte dieses Jahres etwas enttäuscht. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf amerikanischen Themen.

Die Ausgabe des ersten Halbjahres widmet drei Beiträge einem "Symposium" über ein vor zwanzig Jahren (1986) erschienenes Werk des Literaturprofessors Allan Bloom. Der Leo-Strauss-Schüler Bloom attackierte in The Closing of the American Mind die von der "Neuen Linken" initiierte Zerstörung der amerikanischen Bildungstradition. An den amerikanischen Hochschulen kritisierte er deren Abkehr von Grundkursen in "Western civilization", den Kulturrelativismus, die Abkehr vom klassischen Bildungskanon einschließlich des Verlustes der Lesekultur, nicht zuletzt auch die verhängnisvollen Einflüsse der Popkultur. In der Rockmusik sah er vor allem ein Vehikel für exzessive Sexualität.

In ihrem Rückblick auf Blooms Opus gießen die Autoren des ISI Wasser in einst gepriesenen Wein. Mit seiner These, der sich ausbreitende Nihilismus unter Amerikas College-Jugend sei dem Ursprung nach ein deutsches Gewächs, habe Bloom die eigentliche Problematik - den Sinnverlust der Moderne - verfehlt. "Gibt es bei Nietzsche irgend etwas, das nicht schon bei unserem Eigengewächs (Ralph W.) Emerson da ist?" fragt Henrie im Editorial. In seinem Essay "The Socratic Philosopher and the American Individual" kritisiert der Politologe Peter A. Lawler Blooms Angriff auf eine vordergründige Nietzsche-Rezeption im Namen eines rationalen, wenngleich "leidenden" Atheismus. Für den Katholiken Lawler fehlt in Blooms "sokratischem" Vernunftbegriff der Bezug auf die sinngebende Alternative, auf den persönlichen Gott. Wilfred M. McClay stellt Bloom in eine Reihe mit dem Pragmatisten John Dewey und dem moralisierenden Rationalisten Richard Rorty.

Hervorzuheben sind ein Beitrag von Barry Cooper über "Jihadists and the War on Terrorism" sowie der Rezensionsessay von Paul E. Gottfried, der in The Strange Death of Marxism: The European Left in the New Millennium die Metamorphose der europäischen 68er von Drittwelt-Revolutionären zu global-liberalen Menschheitsbeglückern aufs Korn genommen hat. Gottfried hat die "Amerikanisierung" der Post-Marxisten erkannt und deren Rolle als Prediger und Praktiker der Zivilreligion, bestehend aus Menschenrechts- und "Antifaschismus"-Rhetorik. Verglichen mit anderen Linken seien die Post-Marxisten "kulturell und sozial radikaler".                                      

Anschrift: 3901 Centerville Road, P. O. Box 4431, Wilmington, DE 19807-0431. Preis für 4 Ausgaben (2 Jahre): 10 US-Dollar. Internet: www.isi.org


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