© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/07 09. November 2007

Meldungen

Frankreich: In Teilen durch Apartheid geprägt

BREMEN. An den Pariser Vorstadt-Unruhen im November 2005 hätten sich "nur" etwa 30.000 jugendliche "Migranten" beteiligt. Kein Grund für den zu diesem Zeitpunkt in unmittelbarer Nachbarschaft an der Université de Paris/Saint-Denis Vincennes "Migrationsgeschichte" dozierenden deutschen Soziologen Dirk Hoerder, an der Zukunftsfähigkeit des "Projekts" europäischer "Einwanderungsgesellschaften" zu zweifeln. In seinem "Versuch einer Einordnung" (Sozial.Geschichte, 2/07) ist es statt dessen wieder einmal die "Mehrheitsgesellschaft", deren mangelhafter Wille zur "Öffnung" die "Migrationsprobleme" schaffe. Ausgerechnet das "Gleichheits"-Postulat von 1789 diene heute den "weißen" Franzosen dazu, Rücksichten auf "Minoritäten" zu verweigern und eine besondere "Akkulturationspolitik" abzulehnen. Es gebe nicht einmal eine differenzierte Sozialstatistik, die eine empirische Basis für "Korrekturen der Politik und Ideologie" sein könnte. In Frankreich sei das politische System so erstarrt, daß es kein Interesse an einer kritischen Analyse und Revision der Migrations- und Integrationspolitik habe. Wie in den USA zur Zeit der Ghettoaufstände sei heute die französische Gesellschaft "in Teilen durch Apartheid gekennzeichnet", die sich vor allem in der Diskriminierung der "muslimischen Bevölkerung" zeige.

 

Osteuropa: "Nervender Nationalismus"

BERLIN. So wie Petra Pinzler, bis August 2007 Zeit-Korrespondentin in Brüssel, atmen nach den Wahlen in Polen viele europäische Politiker auf, nun auf beide "Störenfriede aus Warschau" verzichten zu können. Das noch vor der Wahl angestimmte Lamento über die Brüder Kaczyński paßte jedoch so recht zum thematischen Schwerpunkt des Oktoberheftes von Internationale Politik, welches die seit 2003 in die EU aufgenommenen osteuropäischen Staaten in den Fokus rückt. Mangelndes Gemeinschaftsengagement zählt dabei zu den milderen Vorwürfen. Hauptsächlich stößt sich das Brüsseler Establishment am omnipräsenten "egozentrischen" Nationalismus der Neumitglieder. Hinzu kämen nachhaltige postkommunistische Verwerfungen wie im Falle Rumäniens, das die Krake "Korruption" im Griff habe und das daher nach 1990 und 2000 zum "dritten Mal vor den Trümmern einer unvollendeten demokratischen Wende" stehe, wie der FAZ-Korrespondent Karl-Peter Schwarz behauptet. Licht im dunklen Tunnel sieht nur der polnische Europaforscher Pawel Swieboda, der bis 2006 die EU-Abteilung im Warschauer Außenministerium leitete. Er prognostizierte bereits die herrschenden Zwillinge als ein Übergangsphänomen. Die nachwachsende polnische Jugend sei "kosmopolitisch und liberal ausgerichtet". Die größten Chancen, in die EU "hineinzuwachsen", glaubt Swieboda für Polen dann prophezeien zu können, wenn sich der politische Generationswechsel mit der Einführung des Euro verbinde, der als "Eintrittskarte" von einer neuen Warschauer Führungsriege zu nutzen sei.


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