© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/07 16. November 2007

Kolumne
Der Keim des Untergangs
Klaus Hornung

Der Zusammenschluß eines Europas der Nationen zu einem kräftigen weltpolitischen Akteur ist gewiß eine politische Notwendigkeit. Ebenso sicher ist aber, daß Idee und Wirklichkeit zunehmend auseinanderklaffen. Der Ursachen sind viele. Zu ihnen gehört, daß es bis heute nicht gelungen ist, die Kompetenzen zwischen der Union und den Staaten entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip zu verteilen. Die EU-Kommission in Brüssel ist zu einem zentralisierenden Moloch entartet und unterliegt dem Gesetz, daß das Vorhandensein von zuviel Geld ohne wirksame Kontrolle zwangsläufig zu Korruption der Institutionen und des Personals führt (Hans Leyendecker). Vor zehn Jahren ist eine ganze Kommission über ebendiesen Punkt gestürzt. Aber auch die anschließende Einrichtung eines Anti-Korruptionsamtes hat wenig genützt. Der Sturz der Kommission wurde weniger zu einer Mahnung als zum Anlaß bemühten Vergessens.

Der Jahresetat der EU beträgt 1,3 Milliarden Euro, Anlaß genug zu ständig großzügigen Ausgaben, zum Beispiel für üppige Baumaßnahmen. Schon das gesichtslos-bürokratische Plenarhaus des EU-Parlaments in Straßburg kostete die EU-Bürger 530 Millionen Euro, obwohl man dort nur dreieinhalb Tage im Monat tagt. Die ebenso monströs-technokratischen Gebäude der EU-Kommission in Brüssel verlocken zu ständigen Umbauten. Die Baulobby ist in Brüssel mächtig. Der Quadratmeterbaupreis soll dort inzwischen die Höhe von 15.000 Euro erreicht haben. Selbst einer der Parlaments-Vizepräsidenten, Gerard Onesta, klagt nun darüber, das die Kommission heute über das teuerste Parkhaus der Welt verfüge. Jetzt soll sogar noch ein drittes Parlamentsgebäude in Luxemburg gebaut werden für veranschlagte 320 Millionen Euro. Allein für eine EU-Informationsstelle in Wien sind Luxusbüros in bester zentraler Lage für 15 Millionen Euro geplant.

Das ist nur eine kleine Blütenlese korruptionsträchtigen Umgangs mit dem Geld im hehren Namen Europas. Von den Kosten, Diäten und Gehältern für die 750 Europaabgeordneten und rund 25.000 Bediensteten ist da noch gar nicht die Rede. Man braucht wahrlich kein Pessimist zu sein, um zu erkennen, daß ein solches Europa mit seinem "selbstreferentiellen" Personal in Legislative und Exekutive den inneren Keim des Untergangs in sich tragen muß. Und es wundert nicht, daß die Bürger sich von diesem Europa tagtäglich weiter entfernen.

 

Prof. Dr. Klaus Hornung lehrte Politikwissenschaft an der Universität Hohenheim.


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