© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/07 16. November 2007

WIRTSCHAFT
Noch mehr Bürokratie, noch mehr Rechtsstreit
Klaus Peter Krause

Nun also der Energieausweis. Wer sich in die technischen Tiefen der neuen Regulierung verliert, der erkennt: Hier bahnen sich Rechtsstreitigkeiten. Zwar soll der Ausweis nur der Information dienen, und Rechtsansprüche von Mietern auf Energiesparmaßnahmen des Vermieters lassen sich aus ihm nicht ableiten. Aber so harmlos, wie das klingt, ist es nicht. Rechtsansprüche werden gestellt, Miet- und Kaufpreisminderungen verlangt werden. Hat sich der Eigentümer zum energetischen Sanieren entschieden, kann er die Mieter zwar an den Investitionskosten beteiligen und die Miete erhöhen, doch scheitert das in der Praxis oft daran, was Mietrecht und Rechtsprechung dazu im einzelnen vorschreiben. So weist der Eigentümerverband Haus & Grund darauf hin, daß nur solche Betriebskosten auf den Mieter umgelegt werden können, die im Mietvertrag vereinbart sind.

Sei etwa der spätere Einbau einer Solaranlage im Mietvertrag nicht dokumentiert, könne der Eigentümer, wenn der Mieter seine Zustimmung verweigere, die Kosten für deren Betrieb nicht umlegen. Mieterhöhungen als Folge energetischer Sanierungen seien inzwischen ein juristischer Hochseilakt mit ungewissem Ausgang. Ohnehin ist auf vielen Wohnungsmärkten Spielraum für Mieterhöhungen praktisch nicht mehr vorhanden. So kommt es zur zusätzlichen Beschäftigung für Anwaltskanzleien und Gerichtspersonal. Ferner wird mit dem Energieausweis eine weitere Bürokratielawine losgetreten, die auch Behörden zusätzlich beschäftigt, weil sie alles zu überwachen haben. Das konterkariert das Bürokratieabbaugesetz und den Normenkontrollrat. Obendrein wird das Netz von bußgeldbewehrten Ordnungswidrigkeiten, das der Staat über seine Bürger wirft, immer noch dichter geknüpft.


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