© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/07 16. November 2007

Frisch gepresst

Rominten. Wer als Ostpreuße seinen Blick zurückschweifen lassen möchte auf die markanten Naturschönheiten der Provinz, der muß für einige Landstriche noch immer sehr alte Literatur zu Rate ziehen. Für die Rominter Heide etwa gilt Walter Freverts seit 1957 vielfach wiederaufgelegtes Erinnerungsbuch "Rominten" bis heute als Standardwerk. Die politischen Vorzeichen, unter denen Oberforstmeister Frevert im Dienst des Reichsjägermeisters Hermann Göring in der Heide, im einstigen Jagdrevier Kaiser Wilhelms II., sowie nach Beginn des Rußlandfeldzuges im benachbarten "Urwald" von Bialowies seine partiell mörderische Pflicht im Grünrock erfüllte, werden in diesem Buch natürlich nicht thematisiert. Dies holen jetzt Uwe Neumärker und Volker Knopf nach, wenn sie "Jagd und Politik in der Rominter Heide" (Görings Revier, Chr. Links Verlag, Berlin 2007, broschiert, 236 Seiten, Abbildungen, 29,95 Euro) in den Blick nehmen. Dies geschieht nach bewährtem Muster. Stets läuft im Hintergrund solcher topographischen Erkundung, präzise im architektur- wie lokalhistorischen Detail, ein zeithistorischer Film ab, der den jeweiligen Mikrokosmos mit der "Weltgeschichte" verknüpft. Neumärker, seit 2005 Geschäftsführer der Stiftung "Denkmal für die ermordeten Juden Europas", spult diesen Hintergrundfilm in einer an Guido Knopp geschulten, überraschungsfreien Routine des Erinnerungsmanagers ab, bereichert aber im engeren Rahmen der ostpreußischen Zeitgeschichte unsere Kenntnisse. Über die auf Massenmord hinauslaufenden, von Frevert kommandierten "Säuberungen" in Bialowies geben die Archive allerdings mehr Quellen her, als die Autoren hier präsentieren.  

 

Mystik. Wer sich mit der spiritistischen Seite des Christentums auseinandersetzt, wird früher oder später an einem Namen nicht vorbeikommen - Gerhard Wehr. Der langjährige Diakon der bayrischen Landeskirche, der heute als freier Schriftsteller in Franken lebt, kann auf eine unüberschaubare Anzahl von Publikationen zur deutschen Mystik zurückblicken. Nun hat Wehr mit "Gnosis, Gral und Rosenkreuz" einen allgemeinverbindlichen Leitfaden von den ersten Anfängen christlicher Gnosis über das Rosenkreuzertum bis hin zu christlich-spiritistischen Strömungen der Gegenwart geschaffen. Sachlich und zugleich flüssig schreibend, souverän in der Beherrschung des Materials, schreitet Wehr die wichtigsten Stationen des esoterischen Christentums ab, bleibt aber durch die starke Komprimierung zwangsläufig stark selektiv. So wird beispielsweise weder auf Johannes Scotus Eriugena  noch auf Nikolaus von Kues eingegangen (Gnosis, Gral und Rosenkreuz. Esoterisches Christentum von der Antike bis heute. Anaconda Verlag, Köln 2007, gebunden, 462 Seiten, 7,95 Euro).


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen