© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/07 16. November 2007

Leserbriefe

Zu: "Die 'CSU des Nordens' tritt ab" von Peter Freitag, JF 45/07

Provokateur aus Passion

Ihre Analyse zur sogenannten Schillpartei ist in großen Teilen sehr treffend! Denn zum einen ist es in Deutschland sehr schwer, den halbrechten Flügel zu besetzen, da selbst die CDU/CSU immer wieder propagandiert, daß es rechts von ihr keine Partei geben darf. Zum anderen ist Ronald Schill - Provokateur aus Passion und Polit-Quereinsteiger - nicht nur an den vielen Glücksrittern und Gestrandeten aus anderen Parteien gescheitert, sondern auch an den falschen Beratern in der eigenen Partei und seiner damals noch mangelnden politischen Erfahrung.

Was Schills Aufstieg in Hamburg erleichterte - seine Nonkonformität und burschikose Lässigkeit -, bewirkte danach auch seinen Fall. Anderseits lebt die Demokratie gerade von politischer Vielfalt. Und eigentlich braucht dieses Land Paradiesvögel in der Politik wie Schill, um dem eingefahrenen Polit-Apparat wieder mehr Leben einzuhauchen.

Sven H. Ericksen, Tegernsee

 

Organisatorische Zersplitterung

In Rio de Janeiro fühle er sich sicherer als in Hamburg, zitierte das Hamburger Abendblatt Ex-Innensenator Ronald Schill kürzlich. Ich halte dies für eine gezielte Provokation von Schill. Mag sein, daß er sich in seinem Stadtviertel in Rio sicher fühlt, aber es gibt in lateinamerikanischen Großstädten auch viele Gegenden, die man besser nicht betreten sollte. Allerdings wird in Südamerika auch bei kriminellen Jugendlichen hart durchgegriffen: Resozialisierung wird hier ganz anders aufgefaßt. Zustände, wie sie im Heim in der Feuerbergstraße herrschen, kann ich mir hier nicht vorstellen.

Zu Ihren Zitaten der Politikwissenschaftler Frank Decker und Ulrich von Alemann möchte ich folgendes hinzufügen: Es liegt nicht nur an den personellen Mängeln und Selbstblockaden der sogenannten rechten Parteien, sondern wesentlich ist auch, daß die etablierten Parteien genauso wie die etablierten Medien in Deutschland von den Besatzern lizensiert wurden. Es gibt keinen großen Unterschied zwischen der SED (Die Linke) und der CSU oder zwischen Neues Deutschland und Die Welt.

Selbst die Grünen, nachdem ihre Führungsschicht gesäubert wurde, ließen fleißig für Demokratie und Menschenrechte im Kosovo mitbomben. Franz Josef Strauß, der langjährige führende CSU-Politiker, Bundesminister und Ministerpräsident von Bayern, der 1945 von den amerikanischen Befreiern als stellvertretender Landrat im Kreis Schongau eingesetzt wurde, betonte immer, daß sich rechts von der Union keine demokratisch legitimierte Partei bilden darf. Es wird also nichts mit der "CSU des Nordens". Auch die Zerschlagung der DSU in Mitteldeutschland paßt in dieses Bild.

Allerdings gibt es die organisatorische Zersplitterung auch in den sogenannten rechten Medien, wenn ich mir zum Beispiel Ihren Konflikt mit Andreas Mölzer anschaue. Momentan wirken Sie eben auch daran mit, daß die sogenannte rechte Presse "im Null-Komma-Bereich marginalisiert" wird und bei einem Marktanteil "im Promillebereich" bleibt.

Gabriel Garcia Moreno, Guayaquil, Ecuador

 

 

Zu: "Böse diskriminierter Playboy" von Matthias Bäkermann, JF 45/07

Was noch fehlt

Es fehlt nur noch, daß eine Frau sich strafbar macht, wenn sie einen Heiratsantrag aus "rassistischen" Gründen ablehnt; oder schon, wenn sie erklärt, daß zur Ehe für sie nur Männer in Frage kommen: da werden nämlich die Lesben diskriminiert. (Unter diesem Gesichtspunkt sind die Anzeigen, in denen nach einem Ehepartner gesucht wird, alle "sexistisch".) Und ist es nicht auch eine sträfliche Diskriminierung, wenn jemand mit keiner HIV-positiven Person geschlechtlich verkehren will?       

Dr. Johannes Dornseiff, Remscheid-Lennep

 

 

Zu. "Jesus war kein Kommunist" von Klaus Motschmann, 45/07

Von der Bibel gefordert

In dem Artikel heißt es: "Darum sollten die Kirchen verstärkt auf die gravierenden Gegensätze von Christentum und Sozialismus hinweisen." Wie aktuell das ist, zeigte 2005 das Buch "Werte in Zeiten des Umbruchs", in dem Papst Benedikt XVI. den demokratischen Sozialismus mehrfach lobt und wörtlich auf dessen Nähe zur katholischen Soziallehre hinweist.

Die evangelisch-konservativen "fundamentalistischen" Kirchen lehren allerdings weitestgehend, "Freiheit, Demokratie, Patriotismus und Kapitalismus seien von der Bibel gefordert", wie Stephan Holthaus 1992 in "Fundamentalismus in Deutschland" über den Gründer-Organisator des weltweiten "Fundamentalismus", den calvinistischen Pastor Carl McIntire, schrieb.

Ulrich Motte, München

 

 

Zu: "Kampf um die Öffentlichkeit" von Dieter Stein, JF 45/07

Souveränes Bekenntnis

So beschämend der Kampf der Kritiker, vor allem aus dem linken Parteienspektrum, gegen den Bund der Vertriebenen (BdV) wegen dessen Engagements für das Zentrum gegen Vertreibungen ist,  muß andererseits doch auch der Kampf des BdV gerügt werden. Diesen Kampf führt er nämlich gegen private Vereine, die sein Anliegen nach einer würdigen Gedenkstätte für die deutschen Vertriebenen vertreten.

So hatte sich schon 1991, ein Jahr nach dem schmählichen Versagen des BdV bei der kleindeutschen Wiedervereinigung, der private Verein "Gedächtnisstätte" gegründet, in der klaren Erkenntnis, daß vom BdV wegen dessen Verstrickung (und damit Lähmung) im Parteiensystem keine dem wirklichen Anliegen der Vertriebenen würdige Gedenkstätte gebaut werden würde. Aber dieser Verein wurde vom BdV nicht unterstützt, sondern behindert, wo es nur ging.

 Dennoch hat der Verein im Jahr 2006 im sächsischen Borna aus privaten Mitteln, ohne jegliche öffentliche Zuschüsse, eine Gedenk- und Ausstellungsstätte geschaffen, die alleine den deutschen Opfern von Bombenkrieg, Flucht, Vertreibung, Deportation und Hunger gewidmet ist und deren Inhalt und Texte nicht politisch korrekt weichgespült, sondern anhand unbezweifelbarer Quellen nur der Wahrheit verpflichtet sind, und schon gar nicht konkordant mit den Vertreiberstaaten.

Was sollen also die Krokodilstränen mit dem BdV, der bis zur Stunde dieser Gedenkstätte nicht die geringste Unterstützung gewährt hat? Erträgt der BdV nicht die Konkurrenz einer privaten Organisation, die ohne große Bürokratie erfolgreicher in demselben Anliegen ist als er? In Borna steht kein Torso, sondern das steingewordene souveräne Bekenntnis von uns Deutschen zu unserer eigenen Geschichte!   

Dr. Albrecht Jebens, 2. Vorsitzender des Vereins "Gedächtnisstätte e.V.", Uhldingen-Mühlhofen

 

 

Zu: "Morsche Welten, neue Menschen und Leichenberge" von Heinz Magenheimer, JF 45/07

Historische Wahrheit

Betreffend dieses Artikels möchte ich auf die Rolle von Alexander Parvus (Helphand) hinweisen. Die FAZ publizierte einen Artikel, wonach Parvus die Rückreise Lenins mittels einer Spende von der Deutschen Bank finanzierte. Im gleichen Artikel wurde über einen Spaziergang Lenins am Bahnsteig anläßlich eines nächtlichen Zwischenstopps am Bahnhof Remagen berichtet. Die historische Wahrheit ist jedoch eine andere: Der Zug blieb die ganze Reise verplombt.

Gabriel Savulescu, Köln

 

 

Zu: "Initiative Musik" von Thorsten Thaler, JF 45/07

Wo Fördermittel hinfließen

Mit Interesse haben wir diesen Artikel gelesen. Die Frage sollte lauten: "Wo gehen die Fördermittel wirklich hin?" Sinnvoll wäre es, mit diesen Mitteln die Forderung des Deutschen Rock- und Popmusiker Verbandes (DRMV) zu unterstützen, daß endlich den Werken der Künstler ein bedeutsamerer Platz in den Sendeprogrammen eingeräumt wird.

Kulturproduktionen im Bereich der Rock- und Popmusik stellen auch in Deutschland einen enormen Wirtschaftsfaktor dar. Eine entsprechende Deklaration des DRMV ist zwischenzeitlich von vielen namhaften Kulturschaffenden unterzeichnet worden. Nur wird es wahrscheinlich so sein, daß die Fördermittel an irgendwelche selbsternannten Rock-Intendanten oder sonstige Kanäle fließen - nur nicht an die Institutionen, die sich wirklich für die Förderung dieser Art der Jugendkultur einsetzen.

Dem DRMV wurden zum Beispiel die Fördermittel für die Vergabe der verschiedensten Auszeichnungen an deutsche Künstler gestrichen. Sinnvoll wäre es, mit den Fördermitteln des Bundes zum Beispiel eine Aktion zu unterstützen, in der die öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk- und TV-Anstalten aufgefordert würden, sich zu verpflichten, für ein differenziertes und die unterschiedlichsten Interressen berücksichtigendes Kultur- und Musikangebot zu sorgen. Dabei sollten die Sendeanstalten einen hohen Anteil von Produktionen einheimischer Künstler und Musikurheber garantieren.

Uwe Penner, Gammelsdorf

 

 

Zu: ,,Sakralisierung des Holocaust" von Thorsten Hinz, JF 44/07

Fehl am Platze

Die Besprechung des Buches ,,Brief an einen jüdischen Freund" durch Thorsten Hinz ist positiv hervorzuheben. Die Instrumentalisierung des Holocaust zu Lasten einer rationalen und einer nach eigenen Interessen geleiteten Politik ist ein Ärgernis und muß als solches benannt werden. Die Souveränität der Nation darf nicht zementierten historischen Positionen geopfert werden. Auch die Autorität diverser Wächterräte wird zu Recht in Frage gestellt. Gegenwärtige politische Interessen diverser Gruppierungen sind unübersehbar und in die eigenen politischen Entscheidungen einzubeziehen.

Überaus problematisch verhält es sich, wenn - wie im Artikel ausgeführt - in den Kern dieser Instrumentalisierung ein quasi religiöser Gehalt beigemengt wird. Hier bekommt ein schreckliches historisches Ereignis eine fast übernatürliche Weihe der Einzigartigkeit, die einem das legitime Recht zur historischen Bewertung entzieht und mit handfesten politischen und sich wiederholenden finanziellen Forderungen verknüpft wird. Der Weg hin zur moralischen Erpressung ist hier nicht weit. Besonders langfristig betrachtet, führt dies zu einem noch größeren Ballast, da die angesprochene ,,Sakralisierung des Holocaust" sich mehr und mehr zu einem Schuldmythos ausweitet, der die Wahrnehmung eigener Rechte in sämtlichen Bereichen auszublenden und zu strangulieren droht.

Dabei wird gerade in den kommenden Jahrzehnten von Deutschland und Europa wieder eine Mentalität der Selbstbehauptung gefordert sein, die in den vergangenen Jahrzehnten sträflich vernachlässigt wurde und immer noch wird. Ein Geist der Unterwürfigkeit ist hier fehl am Platze.

Fabian Flecken, Höchst

 

 

Zu: "Freiheit oder Sozialismus" von Peter Kuntze, JF 44/07

Wollen Konservative das?

Die ewige Dialektik von Freiheit und Gleichheit, wie Herr Kuntze schreibt, ist sicher nach heutigen Vorstellungen eine Quadratur des Kreises. Die Freiheit des Individuums kann und darf sich nur im Kultur- beziehungsweise Geistesleben verwirklichen. Die Gleichheit ist eine Angelegenheit der Politik, nämlich für gleiches Recht und innere Ordnung zu sorgen. Die Gemeinschaft kann sich wiederum nur in einem brüderlichen, assoziativen Wirtschaften von Produzent, Händler und Konsument ohne Gewinnmaximierung und Finanzmärkte verwirklichen. Wie weit wir davon heute entfernt sind und einen mächtigen Staat wünschen, kann man in der Renaissance des Sozialismus erleben.

Die Schlagworte der Französischen Revolution: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit müßten konsequent auf die drei verschiedenen Gesellschaftsbereiche angewandt werden, und die ganze Problematik von Freiheit oder Sozialismus wäre zu lösen. Wollen konservative Menschen, die besonders im politischen Leben am Hergebrachten festhalten, dies überhaupt? 

Norbert Schenkel, Lauda-Königshofen

 

 

Zu: "Die verlorene Ehre der Eva H." von Michael Paulwitz, JF 43/07

Politische Nomenklatura

Als Eva Herman in der Kerner-Sendung sagte, daß man "über den Verlauf unserer Geschichte nicht reden kann, ohne in Gefahr zu geraten", wurde sie von Kerner hinauskomplimentiert. Er bemerkte nicht, wie sehr er damit den Wahrheitsgehalt ihrer Worte unterstrich. Ebensowenig scheint er Artikel fünf des Grundgesetzes zu kennen, worin den Bürgern Meinungsfreiheit garantiert wird. Dieses Recht wird aber von vielen ignoriert, denn sie meinen, Redefreiheit gelte nur innerhalb der Political Correctness.

Diese verquere, intolerante Ansicht entstammt hauptsächlich der 68er Generation und deren einseitig indoktrinierten Abkömmlingen. Noch unerfreulicher, weil einflußreicher ist die politische und mediale Nomenklatura, die außerhalb ihrer Norm keine andere Meinung duldet. Erstaunlich, daß ein intelligentes Volk wie das deutsche sich das bieten läßt.

Erhard Gärtner, Frankfurt

 

 

Zu: "Ausgesprochen deutschfreundlich" von Martin Schmidt, JF 43/07

Lyzeum statt Gymnasium

Anzumerken ist, daß in Rumänien (nach französischem Vorbild) Gymnasien als "Lyzeen" bezeichnet werden, während in Deutschland diese Bezeichnung den Oberschulen für Mädchen vorbehalten war. Als "gimnasiu" wurden in Rumänien nur die untersten Klassen des Lyzeums bezeichnet, die mit dem "kleinen Bakkalaureat" endeten - mit dem "großen Bakkalaureat" erzielt man Hochschulreife. Die neue Gliederung der Hochschullandschaft in "Bachelor"- und "Master"-Abschlüsse wird daher auch in Frankreich wie in Rumänien als äußerst fragwürdig empfunden.

Somit handelt es sich bei den erwähnten Lyzeen (benannt nach Samuel von Brukenthal in Hermannstadt, Josef Haltrich in Schäßburg und Johannes Honterus in Kronstadt sowie beim Stephan-Ludwig-Roth-Lyzeum in Mediasch) um vollwertige Gymnasien nach deutschem Sprachgebrauch.

Hans-Gert Kessler, München

 

 

Zu: "Die rote Versuchung" von Thorsten Hinz, JF 45/07

Tatsachen werden verdrängt

Ist der rote Stern mit Hammer und Sichel ein Symbol gesellschaftlichen Fortschritts oder kollektiver Vernichtung? Für den Ex-KGB-Mann und heutigen Kreml-Chef Wladimir Putin ist die Frage beantwortet. So erklärte er laut Zeitungsberichten vor russischen Geschichtslehrern, daß Rußland wegen seiner Vergangenheit keine Schuldgefühle zu haben brauche und das von der Vergangenheit gezeichnete Geschichtsbild viel zu negativ sei. Der Untergang der Sowjetunion wird von ihm als die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts angesehen.

Da wundert man sich nicht, daß 54 Prozent der jungen Russen im Alter zwischen 16 und 19 Jahren den Massenmörder Stalin für einen "klugen Führer" halten und mehr als ein Viertel der Erwachsenen für Stalin als Präsidentschaftskandidaten stimmen würden, wenn er noch lebte. Die "rote Versuchung" ist also geblieben. Daß unter dem Roten Stern mit Hammer und Sichel mehr Menschen grausam umgekommen sind als unter dem Hakenkreuz, wird verdrängt.

Ernst Hildebert Kratzsch, Rosengarten


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