© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/07 14. Dezember 2007

Donald Tusk und die Vertreibung
Durchsichtiges Spiel
von Doris Neujahr

Das Bemühen von Polens Premier Donald Tusk, die Beziehungen zu Deutschland zu verbessern, ist erfreulich. Sein Vorschlag aber, statt eines Vertriebenenzentrums in Berlin ein Weltkriegsmuseum in Danzig zu errichten, ist durchsichtig und verdient eine scharfe Zurückweisung. Beim Zentrum geht es primär darum, daß Deutschland sich seiner Verluste versichert. Die Vertreibung hat die 700jährige deutsche Ostsiedlung rückgängig gemacht. Verdrängungstendenzen gab es bereits im 19. Jahrhundert, als die Deutschen in Ostmitteleuropa durch demographische Verschiebungen, nationale Spannungen und Sozialneid in die Defensive gerieten. Der Zweite Weltkrieg war lediglich der Katalysator der Katastrophe und ein globaler Macht- und Bürgerkrieg.

Statt der historischen Zusammenhänge würde ein Weltkriegsmuseum nur die Deutungshoheiten fixieren. So haben die Siegermächte ihre Akten noch immer nicht völlig offengelegt. Und möchte Tusk wirklich die polnischen Pressionen gegen das deutsche Danzig thematisiert oder die kompromittierenden Dokumente ausgestellt wissen, die 1939 im Warschauer Außenministerium gefunden wurden? Tusk leidet an einer grotesken Überschätzung deutscher Macht. Ein Deutschland ohne geistig-moralisches Rückgrat ist wehrlos und angesichts dessen, was auf Europa zukommt, auch ein Risiko für Polen!


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