© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/08 11. Januar 2008

Meldungen

Nicht ohne meinen Staat ins  21. Jahrhundert

MÜNCHEN. Der dem "Staat des 21. Jahrhunderts" geltende Leitaufsatz des langjährigen Ordinarius an der Münchner Bundeswehrhochschule und jetzt emeritierten Politologen Rüdiger Voigt klingt wie ein wehmütiges Vermächtnis (Zeitschrift  für Politik, 3/07). Sich umstellt glaubend von "Krisen und Unsicherheiten der modernen Welt", sich inmitten einer "tiefen Skepsis" gegenüber sozialen Ordnungs- und Sinnfragen wähnend, will Voigt im zum Auslaufmodell erklärten Staat einen zukunftsfähigen Rückhalt finden. Das nach dem "U-Bahn-Rowdytum" sogar von der Union gegen "abweichendes Verhalten" von Ausländern wieder beschworene "Mindestmaß an kollektiver Identität" ist auch für Voigt der einzige Rettungsanker, um den "Herausforderungen einer entgrenzten Welt" gewachsen zu sein. Gegen einen Trend, dem Staat angesichts der Globalisierung den Laufpaß zu geben, behauptet Voigt, der "Staat als Institutionalisierung des Volkes" sei keineswegs "obsolet" geworden. "Territorium, Souveränität und Nation" bildeten auch im 21. Jahrhundert das Fundament, "auf dem der voll ausgebildete Staat okzidentaler Prägung" beruhe und seine Stabilität gewinne. Dazu zähle auch die "kollektive Identität", die "symbolische Einheitsstiftung in Gestalt der Nation", wie sie für Voigt "ansatzweise" während der Fußball-WM 2006 "zum Ausdruck" gekommen sei.

 

Frankreich: Zerbröseln des Fortschrittsglaubens

KÖLN. Die wie auch an diesem Jahreswechsel periodisch aufflammenden Jugendkrawalle in Frankreich dienen nicht nur den Sozialwissenschaftlern unseres Nachbarlandes seit langen als "Indikatoren des Verfalls". Die Grande Nation, so der 2006 mit einer Studie über den "Mythos des Gaullismus" auf den Plan getretene Zeithistoriker Matthias Waechter, befinde sich seit der Mitterrand-Ära im "Niedergang" (Saeculum, 2/07). Waechter belegt dies aber weniger mit steigender Arbeitslosigkeit, gescheiterter Ausländerintegration und verschärften Klassengegensätzen im Nachbarland. Frankreich verliere an "internationaler Ausstrahlungskraft" vielmehr deshalb, weil die seit 1789 dominierende "Fortschrittsideologie" keine Überzeugungskraft und soziale Bindungswirkung mehr entfalte. Das Selbstverständnis der Eliten, Frankreich bilde die Avantgarde im universalen, auf die "Vervollkommnung" von Staat und Gesellschaft zulaufenden Fortschrittsprozeß, verflüchtige sich. Nicht zuletzt deshalb, weil diese Ideologie nur "unzureichende Antworten" auf die multikulturelle Gesellschaft und die "dramatischen Zustände in den Vorstädten" bereithalte.

 

Erste Sätze

Die deutsche Freiheitsbewegung vor Hitler war von der Staats- und Gesellschaftstheorie von Karl Marx getragen.

Wilhelm Reich: Die Massenpsychologie des Faschismus, Frankfurt am Main, 1974

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