© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/08 18. Januar 2008

Frisch gepresst

Nach Gomorrha. Anders als in Dresden, wo die Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg in der Öffentlichkeit ständig präsent und zu einem Bestandteil der Identität geworden ist, spielen die Bombenangriffe, denen Hamburg im Zuge der "Operation Gomorrha" im Sommer 1943 ausgesetzt war, im Alltag der Hansestadt kaum noch eine Rolle. Dennoch haben die verheerenden Angriffe im kollektiven Gedächtnis tiefe Spuren hinterlassen. Der Historiker Malte Thiessen zeichnet in seiner materialreichen Dissertation die Entwicklung des öffentlichen Gedenkens an Luftkrieg und Kriegsende in Hamburg nach und zeigt auf, welche Akzentverschiebungen sich hierbei vor allem seit den achtziger Jahren ergeben haben: Mittlerweile wird die Zerstörung der Stadt von Politikern und Medien weniger als Katastrophe empfunden, sondern vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Verbrechen eher als folgerichtig gedeutet. Und so kann der Autor erleichtert resümieren, daß die Kontinuität des Erinnerns an die Bombenopfer in Hamburg von den vierziger Jahren bis heute in den vergangenen 25 Jahren durch "differenzierende Töne im Erinnerungsdiskurs" gebrochen wurde (Eingebrannt ins Gedächtnis. Hamburgs Gedenken an Luftkrieg und Kriegsende 1943 bis 2005. Dölling und Galitz Verlag, Hamburg 2007, gebunden, 502 Seiten, 30 Euro).

Wiederaufbau. Anhand von 15 ausgewählten Städten in Baden-Württemberg beleuchten die Herausgeber, der ehemalige FDP-Bundestagsabgeordnete Karl Moersch und der Tübinger Historiker Reinhold Weber, den Aufbruch zum Wiederaufbau in den Monaten nach Kriegsende 1945. Mit dem Zusammenbruch größerer Verwaltungsebenen wurde dieser im von zwei Besatzungsmächten beherrschten Südwesten auf lokaler Ebene in die Hand genommen. Dabei wiesen die Städte einen unterschiedlichen Grad von Zerstörung auf. Neben dem am 23. Februar 1945 von der Royal Air Force völlig zerstörten Pforzheim, dessen Bewohnerschaft innerhalb von 22 Minuten im Feuersturm um ein Drittel - 17.600 Opfer - dezimiert wurde, gab es auch Konstanz, das wegen seiner Nähe zur Schweiz dem Bombenterror der Alliierten entging, oder das von den vorrückenden Franzosen zerstörte Freudenstadt. Die Autoren schildern in anschaulicher Art den Weg aus den Trümmerlandschaften "ihrer" Stadt mit den eigenen Widrigkeiten. Die Landeszentrale für politische Bildung als Herausgeber sorgt aber dafür, daß kein ob des Nachkriegselends entsetzter Leser vergißt, daß "das millionenfache von Hitler-Deutschland in die Welt getragene Leid auf deutschen Boden zurückgekehrt" sei (Die Zeit nach dem Krieg: Städte im Wiederaufbau. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2008, gebunden, 420 Seiten, Abbildungen, 28 Euro).

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