© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/08 25. Januar 2008

LOCKERUNGSÜBUNGEN
Populismus
Karl Heinzen

Der finnische Weltkonzern Nokia wird bis zum Sommer die Produktion von Handys in Deutschland einstellen. Von der Schließung des bisherigen Werks in Bochum sind 3.000 Beschäftigte betroffen. An seine Stelle tritt eine neue Betriebsstätte in Rumänien, von der aus der europäische Markt einschließlich Rußlands versorgt werden soll.

Aus der Entscheidung des Konzerns spricht keine Geringschätzung unseres Landes, in dem Nokia schließlich große Absatzerfolge erzielt hat. Das Ziel ist es vielmehr, im Interesse des preisbewußten Verbrauchers auch weiterhin mit günstigen Angeboten aufwarten zu können. Bei den Investitionen in Design und Imagewerbung lassen sich kaum Kosten einsparen, wenn man gegenüber den Mitbewerbern nicht ins Hintertreffen geraten möchte. Also muß bei der Produktion der Geräte der Rotstift angesetzt werden.

Am neuen Standort in Rumänien werden, so rechnet Nokia vor, die Arbeitskosten nur ein Zehntel jener betragen, die bisher zu veranschlagen waren. Diesem schlagenden Argument ist mit ethischem Kitsch wie etwa dem Gerede von der sozialen Verantwortung der Unternehmen nicht beizukommen. Hersteller haben das zu produzieren, was der Markt verlangt, und hier ist nicht einzusehen, warum für Nokia nicht das gleiche gelten soll, was für andere Konzerne auf den Gebieten der Unterhaltungselektonik und der Haushaltsgeräte gilt: Auch Handys, zu deren Wertschöpfung kein einziger deutscher Arbeitnehmer etwas beigetragen hat, können sehr wohl die Wünsche deutscher Verbraucher vollauf befriedigen.

Die Schließung des Nokia-Standorts Bochum folgt somit betriebswirtschaftlicher Rationalität, die man nicht kritisieren darf, sondern unterstützen muß, wenn eine Marktökonomie tatsächlich funktionieren soll. Unglücklich war jedoch der Termin, zu dem die Entscheidung bekanntwurde. Vor Landtagswahlen, in denen es um vieles geht, können auch Politiker, die ansonsten vielleicht Anhänger der Marktwirtschaft sein mögen, gar nicht anders, als sich über den Verlust von Arbeitsplätzen zu empören.

Allerdings war selbst für einen Kenner dieses Landes nicht damit zu rechnen, daß sie sich mit ihren sozialpopulistischen Tiraden diesmal parteiübergreifend auf ein derart niedriges Niveau begeben würden. Insofern hat die Linke, selbst wenn sie den Einzug in die Landtage von Hessen und Niedersachsen verpassen sollte, schon einiges bewirkt: Auch wenn die Volksparteien weiterhin Politik im Sinne des Neoliberalismus betreiben, möchten sie sich wenigstens nicht mehr zu ihm bekennen.

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