© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/08 01. Februar 2008

Verschwörung zum Mord
Der Kriminalfall F. Schiller
Wiebke Dethlefs

Auch wer gemeinhin nicht bereit ist, Verschwörungstheorien Gehör zu schenken, wird zugeben müssen, daß die Umstände des Todes einiger bedeutender Deutscher mancherlei Rätsel aufgeben. In erster Linie sei hier Mozart genannt, aber auch das Ableben Friedrich Schillers ist bei näherem Hinsehen von ungelösten Fragen umgeben.

"Ein Mord und tausend Lügen" nennt Paul J. Münzer sein Buch über Schillers Tod. Schiller wird seit zweihundert Jahren als ständig kränkelnder Mann dargestellt, der im Endstadium der Tuberkulose (mit einer "faulen und breiartigen" Lunge) kaum 46jährig verschied. Münzer gelingt es, mit nachprüfbaren Quellenangaben nachzuweisen, daß Schiller bis eine Woche vor seinem Ende im Mai 1805 in Weimar bei bester Gesundheit war und deshalb wohl einem Giftmord zum Opfer gefallen sei. Mysteriös fügt sich in diesen Zusammenhang, daß er daraufhin keineswegs in einem pompösen Begräbnis die letzte Ruhe finden sollte, wie es ihm als bedeutender gesellschaftlicher Persönlichkeit damals wohl zugestanden hätte, sondern bei Nacht und Nebel heimlich im sogenannten Kassengewölbe des Weimarer Jakobskirchhofes beigesetzt wurde - ohne Grabrede, ohne Musik.

Nur greifen die Argumente des Autors überwiegend auf die Erkenntnisse der für ihre Vorlieben für Verschwörungstheorien fast sprichwörtlich bekannten völkischen Ideologin Mathilde Ludendorff zurück, die bereits in den zwanziger Jahren in ihrem Buch "Der ungesühnte Frevel" die für sie natürlich existierenden Morde an Luther, Lessing, Mozart und Schiller beschrieb und dabei "Rom-Juda", die Freimaurer bzw. nicht näher definierte "überstaatliche Mächte" verantwortlich machte.

Münzer beschränkt sich in seiner Deutung allerdings auf "Geheimgesellschaften in damals politisch führenden Kreisen und deren Nachfolger, die noch heute ihr Unwesen treiben" als Täter. Dennoch: Allein dafür, daß der Autor diese Thesen wieder einem breiteren Publikum vorstellt, wenngleich es ihm nicht ganz überzeugend gelingt, die Gründe für einen solchen Giftmord für den heutigen Leser nachhaltig darzustellen, gebührt ihm Dank. Auch wenn die Lektüre für jeden Freund einer ausgewachsenen Verschwörungstheorie eine Freude ist und auch das auf Astrologie, Kornkreise und "Botschaften aus dem Jenseits" etc. spezialisierte Programm des Verlags wohl eben darauf hindeutet, gibt Münzer etwas Wichtiges zu bedenken: Man wird ja wohl noch mal fragen dürfen!

Paul J. Münzer: Friedrich von Schiller. Ein Mord und tausend Lügen. Argo Verlag, Marktoberdorf 2007, broschiert, 77 Seiten, 12,50 Euro

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