© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/08 08. Februar 2008

"Operation Wunderland": Ein Volk wird umerzogen
Rosinenbomber als Propagandawaffe im Kalten Krieg
Curd-Torsten Weick

Zeitgeschichte steht im deutschen Fernsehen noch immer hoch im Kurs - auch wenn ZDF-Chef-Historiker Guido Knopp, sichtlich enttäuscht über die schlechte Quote seiner Serie "Die Wehrmacht", nun in der Welt erklärte, zum Thema Nationalsozialismus "sicher" keine Sechsteiler mehr produzieren zu wollen: Die, so Knopp, "sind TV-Geschichte".

Nichtsdestotrotz herrscht weiterhin ein ungebremster Wettlauf zwischen den Öffentlich-Rechtlichen. Wer hat die Nase vorn, scheint die Devise. Doch während das ZDF den Versuch unternimmt, mit dem zweiteiligen Fernsehfilm "Untergang der Gustloff" Anfang März an den letztjährigen ARD-Quotenhit "Die Flucht" anzuknüpfen, ist die ARD auf der Zeittafel schon wieder einen Schritt voraus. Mit voller Macht setzt sie auf die visuelle Aufarbeitung der Nachkriegszeit. Und die hat es in sich, wie die dreiteilige WDR-Dokumentation "Operation Wunderland" schon in der Titelwahl beweist.

"Ein Volk wird umerzogen", heißt der erste Teil und "enthüllt", so der WDR, "zum ersten Mal", wie die USA nach Kriegsende die Fäden zogen und Westdeutschland nach ihrem Gutdünken gestalteten.

 Der WDR auf den Spuren Caspar von Schrenck-Notzings, der mit seinem Standardwerk "Charakterwäsche - Die Reeducation der Deutschen und ihre bleibenden Auswirkungen" schon 1965 das Tabu brach, aber eher auf eine Schweigespirale stieß? Doch die Zeiten haben sich geändert, und so erfährt der Zuschauer - zu leider allzu später Stunde -, wie es den US-Propagandaexperten gelang, die "öffentliche Meinung in Westdeutschland so zu beeinflussen, daß im demokratischen Prozeß immer das herauskam, was Washington vorgab". Nichts, aber auch rein gar nichts blieb dem Zufall überlassen - weder die Neuorientierung in den Köpfen noch die Wahl eines "amerikatreuen Kanzlers".

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