© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/08 15. Februar 2008

Finanzielle Zukunft der NPD ungewiß
Ermittlungen: Schatzmeister weiter in Haft / Untersuchung richtet sich nicht gegen die Partei
Felix Krautkrämer

Nach der Durchsuchung ihrer Parteizentrale in der vergangenen Woche ist die finanzielle Zukunft der NPD ungewiß. Das sagte der NPD-Bundesgeschäftsführer Frank Schwerdt gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Es werde versucht, der Partei mit allen Mitteln finanziell das Wasser abzugraben.

Nach Ermittlungen des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen war am vergangenen Donnerstag NPD-Schatzmeister Erwin Kemna verhaftet worden. Ihm wird vorgeworfen, rund 627.000 Euro Parteigelder veruntreut zu haben.

Die Parteispitze stehe dennoch weiter hinter Kemna. "Wir haben gar keine 600.000 Euro auf unseren Konten, die er hätte veruntreuen können", sagte Schwerdt. Bei den Geldern handle es sich um von der NPD zurückgezahlte Darlehen. "Es ist ja bekannt, daß wir von Banken keine Kredite bekommen. Also sind wir auf private Darlehen angewiesen", so Schwerdt. Einige Darlehensgeber wollten aber aus Angst vor möglichen Repressionen nicht, daß bei der Rückzahlung die NPD als Überweisender auftauche. Daher seien die gewährten Darlehen teilweise auch über die Privat- und Firmenkonten Kemnas, in einzelnen Fällen sogar bar zurückgezahlt worden.

Polizei beschlagnahmt alle Parteirechner

Nach Angaben der Bundestagsverwaltung verstoßen bar oder über private Konten zurückgezahlte Darlehen zwar nicht gegen das Parteiengesetz, dennoch fürchtet die NPD weitere Maßnahmen. "Ich kann mir gut vorstellen, daß die Bundestagsverwaltung nun versuchen wird, uns die gegen Zinsen gewährten Darlehen als verheimlichte Parteispenden auszulegen", sagte Schwerdt.

Weil die thüringische NPD frisierte Spendenquittungen ausgestellt hatte, muß die Partei bereits 870.000 Euro aus der staatlichen Parteienfinanzierung zurückzahlen, was ihre finanzielle Existenz massiv bedroht. Verärgert zeigte sich Schwerdt über die Vorgehensweise der Ermittler. Diese hätten bei der Durchsuchung der Parteizentrale sämtliche Rechner beschlagnahmt: "Wir sind damit quasi geschäftsunfähig." Zudem verfüge die Staatsanwaltschaft nun über die gesamte Mitgliederkartei der NPD sowie über die Namen der Darlehensgeber. Die Beschlagnahme und der Abtransport der Computer sei "reine Schikane", gegen die man Beschwerde eingelegt habe. Den Inhalt der Parteirechner hätte sich die Staatsanwaltschaft auch vor Ort überspielen können.

Laut Oberstaatsanwalt Wolfgang Schweer von der zuständigen Staatsanwaltschaft Münster gehe man weiter davon aus, daß Kemna, der sich noch immer in Haft befindet, die Gelder veruntreut habe. Gegen die Partei selbst liege nach gegenwärtigem Ermittlungsstand nichts vor, sagte Schweer der JF.

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