© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/08 22. Februar 2008
Zeitschriftenkritik: Monopol Die vielleicht letzte Bastion Deutschlands, wo man aus der Nische ungeniert in die Totale blendet, sind die Magazine für Kunst und Leben. Ihre Namen sprechen Bände, ihr Credo lautet unbescheiden Universalismus. So heißt das bislang erste Blatt am Markt schlicht, aber allumfassend: Art. Das Kunstmagazin. Auch die Konkurrenz ist nicht bescheidener und nennt sich, schon seit 1930, Weltkunst. Wer in dieser Liga noch mitspielen will, muß sich also etwas einfallen lassen. So gründeten die einstigen Feuilleton-Redakteure der FAZ, Florian Illies und Amélie von Heydebreck, vor vier Jahren unter dem herausfordernden Namen Monopol ein weiteres Kunst- und Lifestyle-Magazin, das sich fast ausschließlich zeitgenössischer Kunst, Fotografie und Architektur widmet. Seit vergangenem Jahr erscheint es monatlich. Und kann sich sehen lassen. Zwar ist die Auflage noch gering, doch an Anerkennung fehlt es nicht. In der jährlichen Top-100-Umfrage der renommierten LeadAcademy für Mediendesign und Medienmarketing kletterte das Magazin 2007 auf Platz 8. Als Ziel formulierte von Heydebreck seinerzeit in der Welt am Sonntag, "relevante Kunst" präsentieren zu wollen, allerdings "nicht wie manche Documenta-Kunst: sperrig, häßlich, unnahbar". Prompt ätzte die taz mit sonderbarem Pathos, hier dränge "reaktionäre Hybris vehement ans Licht des konservativen Establishments". Ein Blick ins aktuelle Heft nebst Seitenblick ins Konkurrenzblatt Art widerlegt das. Es ist das ältere Blatt, das bieder und betulich daherkommt, gerade wenn es um zeitgenössische Kunst geht. Freilich, die ganz große Provokation ist auch von Monopol nicht zu erwarten. Eine Abrechnung mit "fünf heiligen Kühen der Kunstwelt" - mehr fielen dem Autor Matthew Collings nicht ein -, nämlich Matthew Barney, Louise Bourgeois, Bill Viola, Sigmar Polke und Gerhard Richter, reduziert sich dann, von Barney abgesehen, doch auf die These, daß Künstler im fortgeschrittenen Alter uns langweilen, sei es aus Manieriertheit, sei es aus Monotonie. Zwei Seiten weiter indes wird letztere unter dem Titel "Der Serientäter" gefeiert. Der Künstler Peter Roehr wurde nicht alt. Er starb 1968 mit gerade 23 an Krebs. Trotzdem hinterließ er ein Werk von 700 Arbeiten. Ihnen allen lag das Prinzip der seriellen Reihung zugrunde. 27mal klebte er das Postetikett "Eilt sehr" in Form eines Rechtecks auf. 42mal wiederholt sich das Bild aus einem Auto-Prospekt, das eine Frauenhand zeigt, die gerade den Autoschlüssel ins Schloß der Autotür steckt. Endlos wiederholt sich auf einem aufgerollten Additionsstreifen die Zahlenfolge "1 4. 5 8 7. 9 2 5. 8 7". Roehr glaubte mit Benjamin an den Umschlag von Quantität in Qualität. Manche reale Eigenschaft der Dinge zeige sich erst in der Wiederholung. Oder vielmehr: in der Hintereinanderwahrnehmung. Auch sonst steht das aktuelle Heft im Zeichen des Déjà vu: Es präsentiert die "Starporträts" des Schotten Douglas Gordon, auf denen er ihnen Mund und Augen ausgebrannt hat unter dem stets wiederkehrenden Titel "Self-Portrait of You + Me", um eine Spiegelung des Betrachters im Star zu erzielen. Demnächst will Gordon die Bibel "neu" schreiben. Monopol. Magazin für Kunst und Leben. Internet: www.monopol-magazin.de. Einzelheft: 7,50 Euro. Jahresnormalabo: 76,80 Euro. |