© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/08 29. Februar 2008

"Auf die Schwarzen mit Gebrüll"
Kommunalwahl: CSU unter Druck / Streit um Verluste der Bayerischen Landesbank und das Anti-Raucher-Gesetz / Pro-Köln-Ableger tritt in München an
Peter Knoll

Die SPD in Nürnberg gibt sich vor der Kommunalwahl in Bayern am Sonntag kämpferisch: "Auf die Schwarzen mit Gebrüll", lautet die Parole in der lokalen SPD-Zeitung. Sie lassen sich dabei nicht von Wissenschaftlern irritieren, die den wirtschaftlichen Sinn solcher Abstimmungen gleich ganz in Frage stellen.

Wer sich an Wahlen beteilige, handele irrational, also völlig unvernünftig. Wer die Kosten und den Nutzen für den Einzelnen nämlich vergleicht, mache ein Verlustgeschäft. Die Kosten der Informationssuche sind immens, der Nutzen einer Stimme minimal - bei der vergangenen Kommunalwahl 2002 in Bayern betrug der Wirkungsgrad einer Stimme etwa 1 zu 5,86 Millionen.

Verschärfend kommt hinzu, daß einige Zeitungen die Kosten der Wähler in die Höhe treiben, weil sie pauschalierend berichten. Eigentlich sind Massenmedien dafür da, stellvertretend für den Wähler die Parteibroschüren zu sichten und die Wahrhaftigkeit jeder einzelnen Behauptung zu prüfen.

Doch was erzählt etwa die Süddeutsche Zeitung (SZ) über die Liste "Pro München", die in den Münchner Stadtrat einziehen will? Der Pro-Köln-Ableger, der unter anderem vor einer Islamisierung der bayerischen Landeshauptstadt warnt, sei rechtsextremistisch und werde von NPD-Leuten wie Roland Wuttke und Norman Bordin dominiert.

Richtig ist aber, daß ihnen die Mitgliedschaft bei "Pro München" verweigert wurde. Auch für das Etikett "rechtsextremistisch" aktivierte die SZ wenig Gehirnschmalz und schon gar nicht die rechtsstaatlichen Maßstäbe des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Die SZ konnte nicht belegen, daß "Pro München" erstens wesentliche Teile des Grundgesetzes ablehnt und zweitens aggressiv für die Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung kämpft.

Folge der SZ -Nebelwerferaktion: Die Informationskosten des Wählers in München explodieren. Er muß sich - will er mehr über die Gruppierung erfahren - die Broschüren von "Pro München" besorgen, dann studieren und sich ein Urteil bilden.

Immerhin kann der Münchner maximal 70 Stimmen auf 70 Stadtratskandidaten verteilen, er kann aber auch nur eine Wählerliste ankreuzen. Der Oberbürgermeister, der auch nach dem Urnengang wieder Christian Ude (SPD) heißen dürfte, wird direkt gewählt und muß im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erzielen. Für die SPD sind da die Chancen gut, sie stellt die Rathauschefs in den größten Städten Bayerns: München, Augsburg, Nürnberg.

Bei der vergangenen Kommunalwahl 2002 erzielte die CSU landesweit 45 Prozent, die SPD 25 Prozent und freie Wählergruppen 16 Prozent. Vielleicht erteilt der Wähler der CSU pauschal eine Verwarnung: wegen des strengesten Anti-Raucher-Gesetzes in Deutschland (3/08); wegen zwei Milliarden Euro Verlust bei der halbstaatlichen Bayerischen Landesbank, verursacht durch Risikopapiere auf amerikanische Häuslebauer; wegen der geplanten teuren Transrapid-Strecke zum Münchner Flughafen.

Ob die Linkspartei von der vermutlichen CSU-Schwäche profitieren wird? Zumindest treibt sie die Informationskosten nicht durch Geheimniskrämerei in die Höhe. Die Kommunisten erklären ohne Umschweife im Internet, daß sie 39 Kandidaten bei der Linken in Franken stellen. Die DKP sei ein gewollter und akzeptierter fester Bestandteil der Linken Liste.

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