© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/08 07. März 2008

WIRTSCHAFT
Seidener Faden
Jens Jessen

Auch 2007 war die Leistungsbilanz der USA defizitär. Die Importe überragten bei weitem die amerikanischen Exporte im Wert. Bezahlt wurden die Einfuhren durch staatliche Schuldverschreibungen, für die sich in erster Linie die ausländischen Zentralbanken interessierten. Allein China hat mittlerweile etwa 1,5 Billionen Dollar in US-Schuldverschreibungen gehortet. Der Zeitpunkt rückt näher, ab dem die Gefahr besteht, daß das Ausland nicht mehr bereit ist, das US-Leistungsbilanzdefizit zu finanzieren. Wenn das geschehen würde, käme es zu einer vielleicht bedrohlichen Entwicklung. Der Dollarwert ginge in den freien Fall über und das Kapital würde knapp. Die weichen Greenbacks machten die US-Exporte billiger. Knappes Kapital führte zu steigenden Zinsen, die sowohl den Investitionen als auch dem US-Verbraucher zu schaffen machen würden. Die teureren Kredite drosselten den Konsum und damit die Importe.

Steigende Exporte und fallende Importe sorgten dann zu einer Entlastung in der amerikanischen Leistungsbilanz. Daran können die Schwellenländer kein Interesse haben. Es ist für sie außerordentlich wichtig, daß der Wert ihrer Währungen die derzeitigen Abstände zum Dollarwert beibehält. Die Exporte in die USA können nur so hoch bleiben, wenn eine starke Abwertung des Dollar verhindert wird. Solange China seine Währung durch Kauf von US-Schuldverschreibungen billig hält, sind die anderen Schwellenländer dazu verdammt, dem chinesischen Beispiel zu folgen. Der Dollar würde stabilisiert. Das ist der seidene Faden, der allerdings reißt, wenn China und die anderen Schwellenländer ihr Konzept der billigen Heimwährung fallenlassen. Der folgende Absturz des Dollars wäre auch für Europas Exportwirtschaft eine Katastrophe.

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