© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/08 07. März 2008

Meldungen

Demographie: Konzepte aus dem Elfenbeinturm

Leinfelden-Echterdingen. Anders als der vielgeschmähte SPD-Politiker Franz Müntefering es sich vorgestellt hat, wird sich im Jahr 2050 auch der 70jährige nicht mehr auf seinem kargen Rentenkissen ausruhen. Denn geht es nach James Vaupel, Direktor am Rostocker Max-Planck-Institut für Demographische Forschung, dürfte das Problem der alternden Gesellschaft dadurch gemildert werden, indem ältere Arbeitnehmer die "Chancen" am Arbeitsmarkt mit immer weniger Fachkräften wahrnähmen. "Es wäre viel gewonnen, wenn die starre Dreiteilung aufgebrochen werden könnte, die das Lernen in der ersten Lebensphase, das Arbeiten in der Lebensmitte und die Freizeit in den späteren Jahren konzentriert", erklärt er in der März-Ausgabe von Bild der Wissenschaft. Er plädiere für "eine Art Lebensarbeitszeitkonto, das individuell gestaltet werden kann". Wer sich zum Beispiel "in jüngeren Jahren auf die Kinderbetreuung konzentriert" hat, könne die "fehlende" Zeit dann später "nachleisten", um keine größeren Einbußen im Greisenalter zu haben.

 

Manifestes Desinteresse an Landesgeschichte

KIEL. Geschichte als Waffe kam ausgerechnet während der als idyllisch geltenden Biedermeierzeit vor 1848 so richtig in Mode. 1819, im Jahr der Karlsbader Beschlüsse, entstand der Thüringisch-Sächsische Verein für Erforschung des vaterländischen Altertums als erster von vielen Geschichtsvereinen, die mithalfen, die "Nation" als neue politische Bezugsgröße und Fixpunkt sozialer Integration im öffentlichen Bewußtsein zu verankern. Vor 175 Jahren, im März 1833, reihte sich die Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte (GSHG) in diese Bestrebungen ein, kollektive Identität durch Vergegenwärtigung des Vergangenen zu stiften. Am 15. März 2008 feiert die GSHG daher ihr Jubiläum im Kieler Landtag. Festredner ist Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU). Diese politische Aufmerksamkeit verdeckt aber nicht, daß das Geburtstagskind kränkelt. Die Zukunft sei "unsicher", heißt es in den Mitteilungen der GSHG (73/08). Das liege auch am "inzwischen manifesten Desinteresse der Landespolitik an Landesgeschichte". Im SPD-geführten Kultusministerium werde diskutiert, "Landesgeschichte ganz aus den Lehrplänen zu streichen". Eigene Versäumnisse kommen hinzu. Der Mitgliederbestand hat sich seit 1983 auf heute 1.100 fast halbiert. Auf dem "platten Land", außerhalb Kiels, in den Honoratiorenkreisen der meisten Kleinstädte, ist kaum noch jemand GSHG-Mitglied. Trotzdem verbreitet der Vorstand Zuversicht. Während die Bedeutung der Nationen in der EU abnehme, steige der Stellenwert der Regionen, somit die Nachfrage nach regionaler Identität.

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