© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/08 14. März 2008

"Das Eiserne Kreuz ist völlig unbelastet"
Bundeswehr: Streit um Tapferkeitsorden für deutsche Soldaten / Bundespräsident signalisiert Zustimmung
Hannes Kiebler

Natürlich braucht die Bundeswehr eine Tapferkeitsauszeichnung, und natürlich sollte es das Eiserne Kreuz sein - es hat mit Adolf Hitler gar nichts zu tun", sagte der Historiker Michael Wolffsohn von der Universität der Bundeswehr der Bild-Zeitung.

Die Debatte um einen Tapferkeitsorden für die Soldaten der Bundeswehr entbrannte in der vergangenen Woche, nachdem der Präsident des Reservistenverbandes, Ernst-Reinhard Beck, vorgeschlagen hatte, eine "Auszeichnung für besondere Tapferkeit" für Soldaten einzuführen. Die Auszeichnungen, die die Bundeswehr bisher vergibt, sind dagegen entweder auf die Dienstzeit im Einsatz bezogen oder sind allgemeine Verdienstorden. Beck argumentierte, daß "dieses Eiserne Kreuz in den Krisen- und Katastrophengebieten dieser Welt zu einem Symbol der Hoffnung geworden" sei, da die Bundeswehr das Kreuz als Hoheitszeichen auf den Fahrzeugen aller Teilstreitkräfte führt.

Allerdings gibt es auch scharfe Gegner der Auszeichnung. So forderte der verteidigungspolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Paul Schäfer, Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) auf, "einem neu-alten Heroenkult eine Absage zu erteilen", da eine "gesellschaftliche Hervorhebung des Soldatenberufs durch Ehrenmale und Auszeichnungen häufig ein Vorbote deutscher Kriegsbeteiligung" gewesen sei. Seine Parteigenossin und Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau bezeichnete Orden für "Mut und Tapferkeit" als "Relikte aus vorigen Jahrhunderten".

Nicht ganz so schroff war die Kritik des Generalsekretärs des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer. Er äußerte keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Tapferkeitsauszeichnung für Soldaten der Bundeswehr. Das Eiserne Kreuz kritisierte er gegenüber der Rheinpfalz am Sonntag allerdings als Anknüpfung an Traditionen, "die während des Nationalsozialismus zum größten Menschheitsverbrechen geführt haben". Kramer bezeichnete die Debatte als einen "Testballon" der Bundeswehrführung, der die Akzeptanz solcher Orden in der Gesellschaft ausloten solle. Er nannte die Bundeswehr eine Parlamentsarmee, "die in keiner traditionellen Verbindung zur Wehrmacht steht".

Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Reinhold Robbe (SPD), wies darauf hin, daß die Stiftung eines neuen Ordens "Sache des Bundespräsidenten" sei, und warnte vor einer Diskussion in der Öffentlichkeit. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, lehnte eine Tapferkeitsauszeichnung nicht grundsätzlich ab, meinte aber daß der Orden eine Form ohne "historischen Bezug" haben solle. Auf Zustimmung stieß dagegen der Vorschlag bei Bernd Siebert, den verteidigungspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Er sprach sich dafür aus, Bundespräsident Horst Köhler und Verteidigungsminister Jung "in ihrem Engagement für die Stiftung einer solchen Auszeichnung unbedingt zu unterstützen". Durch die Auslandseinsätze der Bundeswehr seien neue Realitäten entstanden, denen Rechnung zu tragen sei. Eine klare Absage erteilte er Stimmen, die in "dieser Debatte einen Rückfall zu rückwärtsgewandtem Militarismus" sehen wollen. Er unterstrich die Notwendigkeit einer solchen Auszeichnung, die zu verleihen sei, wenn "im Dienst der guten Sache das übliche Maß an Pflichterfüllung deutlich übertroffen wird".

"Das Eiserne Kreuz halte ich für völlig unbelastet", sagte hingegen Ex-Generalinspekteur Harald Kujat gegenüber Spiegel Online. "Er geht auf die deutschen Befreiungskriege zurück. Und auf die sollten wir stolz sein", meinte Kujat zum historischen Kontext des Ordens. Aus den Reihen der FDP waren sowohl vorsichtige Zustimmung als auch kritische Fragen zu hören. Die FDP-Politikerin Elke Hoff äußert Bedenken: "Wozu, wann, für welches Szenario soll so eine Auszeichnung verliehen werden?" Sie hakte nach: "Will die Bundesregierung implizieren, daß sich die Bundeswehr schon im Kampfeinsatz befindet?"

Das Eiserne Kreuz wurde seit seiner Stiftung während der Befreiungskriege 1813 ausschließlich in Kriegszeiten verliehen. Eine Wiedereinführung dieser Auszeichnung würde folglich die
Friedensmissionen der Bundeswehr auf eine Stufe mit den Befreiungskriegen, dem Krieg von 1870/71 und den beiden Weltkriegen stellen.

Verteidigungsminister Jung lehnte es unterdessen ab, das Eiserne Kreuz wieder einzuführen. Zwar werde es eine Tapferkeitsauszeichnung geben, der der Bundespräsident bereits zugestimmt habe, allerdings soll dies nicht das Eiserne Kreuz sein.

Foto: Eisernes Kreuz als Abzeichen auf einem Flugzeug der Luftwaffe: Rückgriff auf die Befreiungskriege

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen