© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/08 14. März 2008

Im weitesten Sinne
Streit um Antifa-Klausel
Felix Krautkrämer

Übereifer schadet nur. Diese Erfahrung mußte jetzt auch die CDU-Fraktion im Schweriner Landtag machen, als sie versuchte, sich als antifaschistischer Verfassungswächter zu profilieren. Anlaß war ein Antrag der NPD-Fraktion zum Thema Gender Mainstreaming (Geschlechtererziehung). In diesem forderte die NPD unter anderem, auf Landesebene alle entsprechenden Programme zu stoppen und die dadurch freiwerdenden Mittel zur Familienförderung einzusetzten. Als Begründung führte sie an, daß bei Gender Mainstreaming "Gleichheit mit Gleichberechtigung" verwechselt und ein  "nebulöses 'soziales Geschlecht'" als Ersatz für das biologische Geschlecht in den Mittelpunkt des Denkens und Handelns gestellt werde.

Das wollte die CDU-Fraktion so nicht hinnehmen und versuchte mit formaljuristischen Argumenten, den Antrag zu verhindern. In einem Brief an die Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider (SPD) gab der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Harry Glawe, zu bedenken, der Antrag könnte im Widerspruch zu Artikel 18a Absatz 2 der Landesverfassung stehen, da er "im weitesten Sinne nationalsozialistisches Gedankengut" wiederbelebe. Der Artikel, auf den sich Glawe berief, war erst im vergangenen Dezember in die Landesverfassung aufgenommen worden. Die als Antifa-Klausel bezeichnete Ergänzung verurteilt seitdem "rassistisches oder anderes extremistisches Gedankengut" als verfassungswidrig. Daß die Landtagesverwaltung ohnehin jeden Antrag auf Vereinbarkeit mit dem Landesrecht prüft, schien die CDU dabei nicht zu stören. Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT äußerte der Fraktionspressesprecher Wolfram Axthelm die Vermutung, die Verwaltung habe vielleicht die Verfassungsänderung vom Dezember nicht bedacht. So sei zumindest gesichert, daß in Zukunft jeder Antrag auch auf die Vereinbarkeit mit der geänderten Verfassung hin überprüft werde.

Mit dieser Auffassung stand die CDU jedoch alleine da. Weder die Landtagsverwaltung noch der Ältestenrat sahen irgendwelche rechtlichen Gründe, den NPD-Antrag von der Tagesordnung zu nehmen. SPD und Linkspartei plädierten sogar dafür, sich lieber politisch und inhaltlich mit den Anträgen der NPD auseinanderzusetzen. Der FDP war zudem das Risiko zu hoch, am Verfassungsgericht zu scheitern.

So wurde am vergangenen Freitag der NPD-Antrag im Schweriner Landtag als Tagesordnungspunkt 31 behandelt. Das Ergebnis war nicht überraschend. Verwunderlicher war allerdings die Wortwahl, mit der die zur Überparteilichkeit verpflichtete Landtagsverwaltung dieses auf Anfrage mitteilte: Der NPD-Antrag sei bei Zustimmung der NPD-Fraktion von den "vier demokratischen Fraktionen" abgelehnt worden.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen