© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/08 14. März 2008

DVD: Western
Rituale
Werner Olles

Zu Beginn der fünfziger Jahre war der Western endgültig erwachsen geworden. Logik, Sprache und Mythologie von Macht, Gewalt und Gesetz erfüllten eine Atmosphäre, die ohne romantische Verbrämung die Verhältnisse in den Siedlerstaaten zeigten, wie sie wirklich waren. Mit am deutlichsten kam dies in George Stevens' "Shane" (Mein großer Freund Shane, 1953) und in John Fords Militärwestern, der sogenannten "Kavallerie-Trilogie" mit John Wayne, zum Ausdruck. Doch erst mit Fred Zinnemanns "High Noon" (12 Uhr mittags, 1952) erreichte der Western seinen thematischen und gestalterischen Höhepunkt.

Vielleicht brachte es Zinnemann ("Menschen am Sonntag", 1930, "Verdammt in alle Ewigkeit", 1953) mit "High Noon" auch deswegen zu Meisterehren, weil er bis dahin noch nie einen Western gedreht hatte und weil er - nachdem Gregory Peck die Rolle abgelehnt hatte - mit Gary Cooper einen Hauptdarsteller gefunden hatte, der die tragische Figur des Sheriffs Will Kane glaubwürdig verkörperte. Es sind die immer gleichen Rituale von Gewalt und Ehre, dem Duell auf der Straße und dem Kampf um seiner selbst willen, die den Sheriff, der gerade erst eine junge Quäkerin (Grace Kelly) geheiratet hat, zum einsamsten Mann der Welt machen. Dennoch kann er nicht aufhören, sich nach diesen Regeln zu verhalten, deren Sinnlosigkeit er zwar erkannt hat, die er aber nicht verletzen darf, weil sein Leben darauf aufgebaut ist.

So kämpft er seinen großen Kampf gegen die vier Banditen, die die Stadt jahrelang terrorisierten, allein. Damit erfüllt er nicht nur ein Leitbild, sondern erteilt auch der feige abwartenden Masse der Bürger eine Lektion. Dabei erweist sich der Widerspruch zwischen dem einsamen Helden und den guten Bürgern als unlösbar, kann letztlich gegen den Terror einerseits und die Feigheit der Masse andererseits doch nur die Figur eines bewaffneten "Erlösers" bestehen.

"High Noon" ist aber nicht nur eine Bewährungsfabel, die das Genre um neue dramaturgische Raffinessen bereicherte - so wird die Einheit von Ort und Zeit virtuos zur Spannungssteigerung genutzt -, sondern auch der populärste und (mit vier Oscars) meistausgezeichnete Film der fünfziger Jahre. Als Bonusmaterial gibt es auf der zweiten DVD unter anderem eine Biographie Gary Coopers, eine Fotogalerie und ein Interview der Journalistin Charlotte Kerr mit Regisseur Zinnemann.           

Doppel-DVD "12 Uhr mittags", Arthaus/Kinowelt, Leipzig 2008, Laufzeit: ca. 180 Minuten

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