© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/08 21. März 2008

Chinas Vorgehen in Tibet
Vergewaltigte Kolonie
von Heino Bosselmann

Die "Freundlichen Fünf", Chinas an Pokémon-Figuren erinnernde Olympiamaskottchen, stehen jetzt im Schatten eines tragischen Symbols - jenem der vertriebenen und getöteten Mönche von Lhasa. Dort tobt nun der von Peking ausgerufene brutale "Volkskrieg", und der Dalai Lama spricht vom "kulturellem Völkermord", während sich der Westen und das IOC in ausgewaschener Rhetorik üben und die Nationalkommunisten darin unterstützen, die Olympia-Flamme zur Verhöhnung Tibets auf den Mount Everest zu tragen.

Der Westen könnte zeigen, wie wichtig die Werte sind, die er im Kosovo gegenüber Serbien zu verteidigen meint, während er die Täter in Tschetschenien und Tibet als Partner schätzt. Es soll ums Business gehen, um die Marke Olympia und nicht um Courage. Im Gegensatz zu Moskau 1980 herrscht heute Handelsfreiheit. Man schmähte den SED-Spitzenfunktionär Egon Krenz, der nach dem Massaker 1989 die blutigen Funktionärshände am Tiananmen-Platz schüttelte, wartete eine Pietätsfrist ab und griff nach dem chinesischen Markt.

Ein umfassender Olympia-Boykott würde Peking hart treffen. Aber die Athleten werden lächelnd ins Stadion ziehen und sich einreden lassen, damit den Dialog zu fördern. In China wird auf moderne Weise fortgeschrieben am "Schwarzbuch des Kommunismus", und Tibet bleibt eine vergewaltigte Kolonie.

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