© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/08 21. März 2008

Leipziger Innenstadt wird zum Schlachtfeld
Kriminalität: In der sächsischen Metropole versuchen Ausländer mit Gewalt die Türsteherszene zu übernehmen / Unbeteiligter erschossen
Paul Leonhard

Nach den blutigen Auseinandersetzungen zwischen deutschen Türstehern und bewaffneten ausländischen Gewalttätern um die Herrschaft im Leipziger Nachtleben am vorvergangenen Wochenende hat Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) der Rathausspitze Untätigkeit vorgeworfen.

In der sich unter dem Slogan "Leipziger Freiheit" gern weltoffen, tolerant und multikulturell präsentierenden Messestadt hat sich offenbar nicht nur ein krimineller Sumpf im Rotlichtmilieu gebildet, sondern auch ein gewaltbereites linksextremistisches Milieu insbesondere im Szene-Stadtteil Connewitz fruchtbaren Boden gefunden.

"Weiterhin stehen die Gewaltexzesse beispielsweise der linksextremistischen Szene anläßlich rechtsextremer Demonstrationen in engem Zusammenhang mit der Untätigkeit der Stadtverwaltung hinsichtlich der Stützpunkte linksextremistischer Gewalttäter in Connewitz", heißt es in einem Schreiben Buttolos vom 12. März an Leipzigs sozialdemokratischen Oberbürgermeister Burkhard Jung. In dem Fax wirft der Innenminister "bestimmten politischen Kräften" im Rathaus eine "völlig unzureichende räumliche und inhaltliche Distanzierung" von extremistischen Gewalttaten vor.

Dieses Verhalten werde von den Extremisten erfolgreich genutzt. Dabei spielt Buttolo offensichtlich auf den Aufmarsch gewaltbereiter Autonomer an, wenn die NPD - für die das Völkerschlachtdenkmal magische Anziehungskraft besitzt - eine ihrer regelmäßigen Demonstrationen in Leipzig veranstaltet.

Mit Baseballschlägern bewaffnete Ausländer

Die Demonstrationen und Gegendemonstrationen, aber auch die Auseinandersetzungen rivalisierender Banden und die damit verbundenen "Gewalttaten haben alle eine Geschichte", so der Innenminister. Jung stellt sich trotzdem schützend vor die Linksextremisten: "Wir arbeiten intensiv mit allen bürgerschaftlichen Kräften zusammen, um uns insbesondere fremdenfeindlichen und rechtsextremistischen Demonstrationen entgegenstellen zu können." Auch der Machtkampf in der Leipziger Diskoszene, der inzwischen einen Toten und einen Schwerverletzten forderte, tobt nicht erst seit dem zweiten März-Wochenende, sondern in seiner aktuellen Variante zumindest seit Herbst vergangenen Jahres.

Am 1. Oktober hatten mehr als 30 mit Baseballschlägern und Schlagstöcken bewaffnete Ausländer einen Treff der Black Rainbow Security stürmen wollen, was Polizeieinheiten verhindern konnten. Wenige Tage später wurde der Club "Bounce" überfallen und dann drei Leipziger von Ausländern so zusammengeschlagen, daß sie ins Krankenhaus gebracht werden mußten. Schon damals waren die mutmaßlichen Täter schnell ermittelt. Es handele sich um fünf Männer - Türken, Iraner und Libanesen zwischen 17 und 24 Jahren -, die für alle Innenstadt-Diskos Hausverbot haben, weil sie grundlos Gäste zusammengeschlagen und Mitarbeiter der Sicherheitsfirmen bedroht haben, zitierte die Leipziger Volkszeitung Mitte Oktober einen Security-Chef. Bei Aktionen bekämen die fünf massive Verstärkung von Armeniern, Kurden und Arabern, die aus halb Deutschland anreisten und brüllten: "Uns gehört die Stadt." Schon damals versprach die Polizei verstärkt mit Streifen Leipzigs Vergnügungsmeile zu überwachen und verdächtige Personen zu kontrollieren.

Brandanschlag auf Sporthalle

Eine Eskalation der Ereignisse, wie sie sich am 8. März zugetragen hat, hätte damit eigentlich nicht vorkommen dürfen. An diesem Tag verwandelten aber ausländische Kriminelle die Innenstadt in ein Schlachtfeld. Etwa 150 Ausländer und Angehörige von zwei Sicherheitsunternehmen lieferten sich eine Straßenschlacht und griffen dabei auch die Polizei mit einer "solchen Brutalität an, die ihresgleichen sucht", wie Sachsens Landespolizeipräsident Bernd Merbitz formuliert. Gegen die bewaffneten und in Fitneßstudios und Kampfsportschulen trainierten Schläger hatten die 65 herbeigerufenen Streifenpolizisten keine Chance. Im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen steht vermutlich auch der Brand einer Sporthalle in der Stadt. Die Polizei prüft derzeit, ob auf die Turnhalle, die von einer Sicherheitsfirma für Übungszwecke genutzt wird, ein Brandanschlag verübt wurde.

Oberbürgermeister Jung fordert jetzt eine Aufstockung der Ordnungshüter. Um die "kriminelle Energie verfeindeter, krimineller, gewalttätiger Muskelmänner" einzudämmen, erwarte er vom Innenminister "eine umfängliche Unterstützung der ortsansässigen Polizei". Leipzig benötige keinen zeitlich begrenzten Aktionismus, sondern "nachhaltig zusätzliche Polizeieinheiten und Spezialeinsatzkräfte". Offenbar ist dem Stadtoberhaupt klar, daß es die Albaner-Clans noch lange nicht aufgegeben haben, die sich in Leipzig noch in deutscher Hand befindliche Türsteherszene zu übernehmen. Schließlich geht es auch um das lukrative Geschäft mit Drogen. Von anderen Städten unterscheide sich Leipzig aber nicht, wie er gegenüber Spiegel-TV deutlich machte. Dies seien bedauerliche Erscheinungen, die zu einer "freiheitlich-demokratischen Gesellschaft immer wieder auch dazu gehören" - und zwar in Dortmund, in Düsseldorf, in Stuttgart in Hamburg ebenso wie in Leipzig.

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